Jahresrückblick 2024 und Ausblick auf 2025 - Die Perspektive des Fotografen

Es geht nicht ohne ein Projekt!

Das zurückliegenden Jahr war von einigen schweren Erkrankungen und drei Todesfällen in meinem näheren Umfeld geprägt. Dazu kam dann noch eine Trennung im August. Wenn mal wieder alles schief geht, dann bin ich immer dankbar dafür, mich in meinem persönlichen "Kameragehäuse" zurückziehen zu können. Wenn ich die Welt durch einen Kamerasucher betrachte, dann kann ich mit Abstand auf die Welt schauen und die Sorgen vergessen.

Mit dieser Einstellung sind im vergangenen Jahr über 12.000 Bilder entstanden. Vielleicht hatte ich viele Sorgen? 12.000 Fotos, obwohl ich mir vorgenommen hatte, weniger zu fotografieren und auch mal auf Fotoprojekte zu verzichen. Zumindest letzteres ist mir fast gelungen, wenn man einmal vom vintage-lens-Monat absieht.

Bin ich froh, dass ich mir nicht vorgenommen habe, keine Fotoausrüstung in 2024 zu kaufen. Auch auf diesem Gebiet hat sich wieder einiges getan. Relevante Abgänge aus der Fototasche gab es hingegen nicht. Ich rechtfertige das immer damit, dass ich ja zwei Hobbys habe: Fotografieren und Kameras sammeln. Ist vielleicht auch gar nicht so falsch. Wenn ich nicht fotografieren würde, dann würde der Ingenieur in mir trotzdem Kameras und Objektive sammeln, weil ich die Dinger einfach toll finde.

Aus der Sonderausgabe zur Fotografie mit Tilt-/Shift-Objektiven ist leider noch nichts geworden. Zwar sind etliche Fotos und Grafiken dazu entstanden, zu einer Veröffentlichung hat es jedoch noch nicht gereicht. Zugegebenermaßen habe ich das Thema auch ein wenig aus den Augen verloren. Ohne Projekt und Deadline geht es eben nicht.

Ich habe mich auch daran versucht, Menschen zu fotografieren. Einigen "Kunden" gefielen die Ergebnisse sogar. Es ist nur so wie bei meiner großen Fotokrise 2020, dass ich keinen Gefallen an den Ergebnissen finde. Meine Stil und meine Bildsprache hinsichtlich der People-Fotografie habe ich immer noch nicht gefunden. Vielleicht muss ich auch in Bezug darauf einmal einen Kurs besuchen und wieder versehentlich etwas an der Kamera verstellen?

Genug gesabbelt! Es ist gar nicht so leicht, 12 Fotos aus 12.000 auszusuchen.



Januar 2024


Der erste Monat des Jahres war von analoger Fotografie gepägt. Ich musste noch einige Rollen PORTRA 400 und LOMO 400 loswerden. Entstanden sind die Belichtungen daraus im Januar, entwickelt und gescannt wurden sie jedoch erst im Februar. Filmfotografie ist mir oft zu langsam.

Besonders überrascht hatte der LOMO, der mir bei Tageslicht bisher nicht gefallen hatte und bei Kunstlich ganz außergewöhnliche Ergebnisse liefert. Fast hätte ich schon davon sprechen wollen, dass der LOMO eine Alternative zum CINESTILL 800T sei. Dazu liegen beide Filme jedoch preislich zu nahe beieinander. Ich würde mich in der Zukunft dann doch für den CINESTILL entscheiden, wobei diese Zukunft ungewiss ist. Filmfotografie ist nicht nur zu langsam, sondern mittlerweile auch zu teuer geworden.

Februar 2024


Früher hatte ich nach der Arbeit oft noch Lust zu fotografieren. Das war in diesem Jahr erstmals anders und das liegt nicht an der Fotografie. Vielleicht sollte ich mir diesbezüglich die Methode von Marie Kondo zu eigen machen? Der Februar lieferte nur knapp 200 Bilder. Da war die Auswahl recht einfach.

Das Foto dieses Monats stammt von einer Bergwanderung mit der 'Dicken Bertha'. Viel Berg kann es natürlich nicht gewesen sein, weil die GFX50SII doch recht schwer ist, aber der Rechelkopf hatte einige ganz besondere Lichtmomente parat.

März 2024


Ich wollte dem Ratschlag folgen, anstelle von Ausrüstung lieber in Reisen und Motive zu investieren. Also ging es nach Helsinki. Den Namen der Stadt hatte ich zuvor in einem nächtlichen Traum erfahren. Helsinki hat sich wirklich gelohnt. Die dort entstandenen über 800 Fotos sind ein Beleg u.a. ein Beleg dafür.  Das eine Bild auszuwählen fällt mir tatsächlich sehr schwer. Helsinki wird natürlich ebenso im Jahresrückblick auf das Tourenbuch Erwähnung finden. Damit könnte ich also immerhin zwei Fotos auswählen. Nein, das macht es auch nicht einfacher.

Da habe ich einen Einfall. Ich hatte vor Helsinki noch niemals zugefrorene See gesehen. Das hat mich beeindruckt. Und deshalb wähle ich das folgende Bild für den Jahresrückblick aus:

April 2024


Neben dem Umstand, wie ich am sinnvollsten die vorletzte Rolle KODAK PORTRA 400 vernichte, treibt mich auch die Frage um, wie viel PORTRA eigentlich in den digitalen JPEG-Rezepten steckt. So entsteht auf einer langen Wanderung durch das Voralpenland ein erster Vergleich zwischen echten und simuliertem Film. In der analogen Fotografie  passieren mir dann manchmal Zufallstreffer, von denen ich nicht wüsste, wie ich auf digitalen Weg dazu hätte kommen sollen. Der folgende Bilck in den Wald ist so ein Schmuckstück.

Mai 2024


Irgendwann konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und musste meine seelische Leere mit einem neuen Objektiv auffüllen. Das manuell zu fokussierende 7Artisans 35mm 1:1,4 kam Ende April dazu und erlebte sein first light auf einer Wanderung am 1. Maifeiertag. Ich bereue keinesfalls, die 80,- EURO ausgegeben zu haben. Ich höre schon wieder die Sttimmen der üblichen Verdächtigen , dass so eine billige "China-Scherbe" doch nichts taugen kann. Ich sehe jedoch auch Fotografen, die mit wesentlich teureren Objektiven schlechte Bilder machen. Mir macht die Arbeit mit dem 7Artisans 35mm 1:1,4 jedenfalls viel Spaß und darauf kommt es an. Ich könnte mir sogar ein Projekt für 2025 vorstellen: Ein Monat nur mit "China-Scherben".

Juni 2024


Kurz zuvor hatte ich wieder einen GAS-Schub (GAS = Gear Aquisition Syndrome). Neben einem wunderbaren Minolta MD 100mm/2,8 und dem sehr guten MD 35mm/2,8 kam auch mein erstes PENTAX-Objektiv dazu. Das ASAHI PENTAX Super-Multi-Coated TAKUMAR 1:1,8/55 mit M42-Schraubanschluss hat mich sofort inspiriert. Die Abbildung bei Offenblende ist inspirierend. Die Farben sind einfach anders, intensiver und leuchtender. Und so kommt es, dass der Juni zum vintage-lens-Monat ausgerufen wird.

Irgendwann bei der Heimfahrt vom Wochenendeinkauf kam vom Beifahrersitz der Ausruf, dass da etwas rot leuchtet. Ich kontrolliere natürlich sofort sämtliche Anzeigeinstrumente, kann aber nichts finden, dass rot leuchtet. Rot blüht der Mohn, nein er leuchtet sogar rot!

Juli 2024


Ende Juli kam die NIKON Z5 als Vollformat-DSLM zur Ausrüstung hinzu. Vintage lenses wurden seinerzeit für das Vollformat gerechnet. Am kleineren APS-C-Sensor der FUJI-X-Kameras kommen vintage lenses nicht voll zur Entfaltung. Die 'Dicke Bertha' verfügt zwar über einen Vollformat-Modus und das digitale Mittelformat ist auch nicht gänzlich ungeeignet für Vollformatobjektive, aber die 'Dicke Bertha' ist einfach zu schwer für längere Exkursionen.

Da FUJIFILM nichts im hart umkäpften Vollformatsektor anzubieten hat, bin ich nun also auf eine NIKON ausgewichen. Eine große Liebe wird die Beziehung zwischen der NIKON und mir zwar nicht werden, aber den grundsätzlichen Zweck wird sie erfüllen. Einmal mehr zeigt sich, dass nicht die Kamera, sondern der Fotograf (ja, auch die FotografIN) das Bild macht. Das Juli-Foto ist mit der Z5 und dem Kit-Zoom entstanden. Was für ein beeindruckendes Freistellpotenzial!

August 2024


Der letzte Sommermonat zeichnet sich durch einige sehr schöne Sonnenauf- und -untergänge aus. Auch zum Thema Tilt/Shift in der Landschaftsfotografie entsteht ein Tagebucheintrag. Allein daraus könnte ich schon ein Foto des Monats aussuchen. Dann jedoch fällt mir wieder einer der sehr seltenen After-Work-Fotoausflüge ein. Mit der NIKON Z5. Die Farben dies Tages werde ich nicht so schnell vergessen.

September 2024


Es ging für zwei Tage und zwei Nächte nach Kopenhagen. Wieder lautete die zugrundeliegende Intention "Motiv statt Objektiv"! Ich habe es womöglich übertrieben? Über 1.600 Fotos machen mir eine Auswahl heute sehr schwer. Das Gefühl als Fotograf "ausgebrannt" zu sein, hat noch lange angehalten. Ich hatte gehofft, dass ich mit etwas Abstand klarer sehen könnte, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Das gelingt noch immer nicht. Bei so vielen sehr guten Fotografien fällt es mir schwer, die hervorragenden auszufiltern. Vielleicht sind die vielen sehr guten Bilder auch nur insgesamt Mittelmaß? Ich kann den inneren Konflikt jetzt nicht auflösen. Ich lasse eine Diashow ablaufen und das erste Bild, das ich sehe wenn ich die Augen öffne, wird hier gezeigt.

Oktober 2024


Nachdem ich das XF 55-200mm im vergangenen Jahr abgestoßen hatte, war im Oktober die Zeit für einen Ersatz gekommen. In einer Aktion war endlich wieder das XF 70-300mm verfügbar. Das Telezoom ist wetterfest, harmoniert gut mit der X-T3 und schließt hervorragend an TAMRONS 17-70mm 2,8 an. Das leichte Telezoom lässt sich hervorragend auf eine herbstliche Bergwanderung mitnehmen und dabei ausprobieren.

November 2024


Im November habe ich ein Microproject erfunden, um wieder etwas Ziel und Orientierung in der Fotografie zu erlangen. Es ging wieder einmal um die Frage nach dem wahren und dem echten Kodak PORTRA. Während dieser Wanderung durch den sich endlich auflösenden Nebel entstand auch Beifang, der rein gar nichts mit dem Projekt zu tun hat. Dennoch war ich von Motiv, Licht und Farben sofort begeistert. Ja, ich weiß, Hochspannungsmasten!

 

Dezember 2024


Der letzte Monat des Jahres 2024 ist noch nicht zu Ende. Irgendwann muss man jedoch einfach einen Schlussstrich ziehen. Ganz zu Beginn konnte ich das Microproject "KODAK PORTRA oder was man dafür hält" abschließen. Weil man zu keinem eindeutigen Ergebnis gelangen kann, erkläre ich diese Frage für mich ein für allemal als geklärt. Erfreulicher Nebeneffekt dieses Vorhabens ist übrigens, dass ich dabei ein JPEG-Rezept für die NIKON Z5 finden konnte, das konstantere Ergebnisse straight out of camera verspricht, und so zu mehr Produktivität in der vintage-lens-Fotografie führen wird.



Ein Ausblick auf 2025


Ohne Projekt geht es nicht, zumindest nicht mit mir. Ich will hier nicht von guten Vorsätzen sprechen, lieber von Zielen. Mir fallen spontan drei Projekte unter dem Motto "Einen Monat nur mit ..." ein:


  • Einen Monat nur mit vintage lenses - Das hat 2024 schon sehr gut funktioniert und ich habe alles, was man dafür braucht! - April 2025
  • Einen Monat nur mit Chinesischen Objektiven - Ob TTartisan, 7artisans oder Laowa, Hauptsache aus China. - Mai 2025
  • Einen Monat nur auf Film - Eine große Herausforderung, weil es so eine andere Art des Fotografierens ist. - November 2025


Die zinglogs-Sonderausgabe zur Fotografie mit Tilt-/Shift-Objektiven möchte ich spätestens im Sommer 2025 abschließen. Zuvor kann ich hoffentlich noch ein Exemplar von Laowas 12-24mm f/5,6 Shift für FUJIFILM X ergattern, um noch mehr Bildbeispiele zu ergattern.

Diese Sonderausgabe soll spätestens zum 15. August 2025 veröffentlicht werden, inklusive des Abschnitts "Tilt".


Städtetrips als Kompensation für GAS haben sich bewährt. Helsinki im Sommer kann ich mir sehr gut vorstellen.


Wären weniger als 12.000 Fotos pro Jahr ein anzustrebendes Ziel? Daruaf lasse ich es lieber nicht ankommen. Irgendwann in der Zukunft werde ich mal nicht mehr so kreativ und auch beweglich sein können. Dann würde ich gerne der Pflegerin in dem kurzen Kittel meine umfangreiche Fotosammlung zeigen können. Bis dahin gilt weiter carpe diem, carpe photo!

Zing • 22. Dezember 2024