
Zwei Tage vor der Tagung des Jahres bricht wieder Hektik aus. Die Agendaänderungen und das E-Mail-Pingpong nehmen überproportional zu. Ich würde jetzt lieber nochmals in mich gehen und zur Besinnung kommen. Ich schleiche mich aus dem Büro, fahre nach Nachhause und stelle das Teleskop in die bittere Kälte.

Nach der letzten visuellen Beobachtung vor sechs Tagen hatte ich mir selbst die Frage gestellt, ob Jupiters GRF auch in meinem alten vierzölligen Fraunhofer-Refraktor beobachtbar ist. Es ist Sonntag und der Himmel (relativ) klar. Der Maksutuv wird von der Montierung genommen und durch den 4"FH ersetzt.

Im Tagebuch kann es ja nicht nur immer um die schönen Dinge und um Erfolge gehen. Obwohl ich an dieser Stelle lieber ein schönes Foto der Andromedagalaxie ins Tagebuch kleben würde, schreibe ich jetzt mal darüber, warum es kein Foto gibt. Und dieses Mal liegt es nicht an fehlender Motivation oder Faulheit meinerseits...

Irgendwie war schon am Morgen klar, dass das Weihnachtswetter anders als gedacht werden würde. Es ist kalt und der Himmel ist klar. Wenn das so bis zum Abend anhält, dann stelle ich das Fernrohr raus. Und so kam es dann auch. Bei einer Lufttemperatur von -4°C hätte ich ja fast kurzfristig nach einer Ausrede gesucht, konnte mich dann aber doch überwinden das Teleskop auf dem Balkon zu platzieren, damit man sich im Zweifelsfall die Füße wieder aufwärmen könnte. Jupiter und Mars sind die Hauptbeobachtungsziele dieses 1. Weihnachtsabends 2024.

Ich bin mir nach 2024 nicht mehr sicher, ob ich mich überhaupt noch als Amateurastronom, Astrofotograf oder Hobbysternegucker bezeichnen darf. Die Zahl vorzeigbarer Ergebnisse ist einfach zu gering. Das Wetter war im nun schon fast vergangenen Jahr zunächst einmal immer eine gute Ausrede. Aber ich will nicht alles aufs Wetter schieben. Gerade dann, wenn der Himmel doch einmal blau daherkam, dann gab es entweder andere Prioritäten, die vermaledeite Arbeit kam dazwischen oder ich war einfach zu platt, um den Arsch - pardon, den Kopf in den Himmel zu recken.

Das zurückliegende Jahr ist astronmisch für mich eher mau verlaufen. Es gab zwar ein paar Glückstreffer , aber meistens spielte das Wetter einfach nicht mit. Die Erfindung des EDC-Teleskops hat auch nicht so recht gegriffen. Das ist seit etwa April schon wieder abgebaut. Das Fotostativ wurde für die Fotografie benötigt und ein azimutal montierter 75 mm ED-Refraktor mit nur 420 mm Brennweite erlaubt auch keine bahnbrechenden Entdeckungen. Mein astronomisches Gewissen wurde immer dann besonders schlecht, wenn doch einmal ganz unverhofft der Himmel aufklarte und man eigentlich hätte draußen sein müssen. Es ist nur allzu leicht dann die Arbeit, Müdigkeit oder eine bevorstehende Bergtour vorzuschieben, um bloß nicht noch die Unannehmlichkeit einer kalten Beobachtungsnacht auf sich nehmen zu müssen. Gestern war auch so ein Tag der guten Ausrede. Ich kam vom Bouldern und nach der Dusche war ich einfach zu müde. Schade, toute la nuit war es klar und das bisschen Reif hätte die Heizung locker verdampft. Und heute? Heute fällt mir zwar als Ausrede ein, dass es bereits gegen 22:00 Uhr neblig werden soll, aber einem abendlichen Spechteln steht tatsächlich nichts im Wege. Also baue ich den Maksutov auf dem Balkon auf...