Kein Deep-Sky-Astrofoto 2024
Klar aber dunstig?
Ich weiß, an einem Silvesterabend haben alle etwas besseres zu tun als Sterne zu fotografieren. Aber was kümmert mich das Kopfschütteln der anderen? Genau, gar nichts.
Seit Tagen steht schon im Wetterbericht, dass der 31.12.2024 in meinem Wohnort ein klarer Tag werden würde, "klar aber dunstig". Mit klaren Abenden haben wir es hier ja sonst nicht so. Diese einmalige Gelegenheit zur Astrofotografie will ich mir wirklich nicht entgehen lassen. Seit Tagen bereite ich mich auf diesen Abend vor. Kamera und Montierung stehen aufgebaut und funktionsbereit im Wohnzimmer, damit ich im entscheidenden Moment nicht vielleicht doch noch das eine oder andere Kabel vergesse. (Ich hatte einmal die Verteilerbox vergessen und es erst bemerkt, als das Teleskop fast vollständig aufgebaut vor meinem Auto in dem Sackweg stand. Die Nacht war gelaufen.)
Die Akkus werden schon Tage vorher aufgeladen; die Ladung täglich erhalten. Und wenn sich die Sache ausgeht, dann werde ich am Silvesterabend 2024 von 18:30 - 21:00 Uhr M31 fotografieren! Danach kann man ja immer noch tun, was normale Menschen tun: sich besinnungslos betrinken und Nachbarn mit Böllern erschrecken...
Tja, und dann kommt dieser große Tag. Ich hatte gerade um vier schon alles im Auto verstaut und noch letzte Fehlteile wie Stirnlampe und Flatbox identifiziert, als das Unheil seinen Lauf nahm. Am Horizont tauchen erste rötliche Abendwolken auf. Auf der Autoscheibe setzt sich bereits der Reif ab. Das ist normalerweise noch keine Schockbotschaft. Aber ich muss jetzt wachsam sein.
Ich koche mir erst mal einen Tee und schaue dabei aaus dem Küchenfenster. Dünne, rötliche Wolkenschleier überziehen den gesamten Himmel. Vielleicht lösen die sich ja noch auf? Der Lichtkegel der Straßenlaterne zeichnet sich im Dunst des Abends ab. Ich werde skeptisch, durchsuche das Internet nach Anzeichen, die das Phänomen erklären könnten. Nix, >10 km Sicht sagt der Flugwetterbericht, 0% Bewölkung die astronomische Wettervorhersage von meteoblue. Trotzdem sieht der Himmel ungeeignet aus. Polaris ist ein verschwommener Fleck. Die Gürtelsterne des Orion sind bei seinem Aufgang im Osten (so ein Blödsinn, als ob jemals etwas im Westen aufgehen könnte) nicht einmal zu erkennen. Ich mache Testaufnahmen vom Balkon aus: 50mm, 30s, f/2,8. Das Histogramm hat sich bereits vom linken Rand der Skala vollständig abgelöst, d.h. es gibt nichts Schwarzes mehr am Himmel. Das Signal des Himmelshintergrundes tummelt sich bereits im rechten Drittel des Histogramms. Sterne sind auf diesen Testaufnahmen kaum mehr auszumachen. Seltsam, die roten Signallichter des Windrades bei Dachau oder des Münchner Fernsehturms kann ich hingegen deutlich erkennen.
Frustriert muss ich erkennen, das "klar aber dunstig" nicht für die Astrotografie geeignet zu sein scheint, schon gar nicht für die sensible Fotografie einer Galaxie, die i.a.R. lange Belichtungszeiten erfordert. Ich hätte gerne jeden Frame 60 Sekunden lang belichtet. Als ich die Akkus und die Ausrüstungskiste aus dem Auto wieder ins Warme hole schaue ich noch einmal zum Zenit. M31 ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Selbst die umliegenden Sterne hat der leichte Dunst verschluckt.
Und so geht 2024 als das Jahr in die Geschichte ein, in dem ich kein einziges Deep-Sky-Astrofoto produziert habe. Den Rest des Silvesterabends verbringe ich mit Dingen, die normale Menschen auch an so einem Tag machen würden...