Visuelle Beobachtung als Gewohnheit
Worte statt Bilder
Nach dem recht farbigen Ausflug mit dem Fraunhofer-Refraktor steht mir heute wieder der Sinn nach Maksutov-Cassegrain. Weils es tagsüber doch schon recht warm war, dauert die Auskühlphase des Teleskops heute auch nicht mehr so lang. Nach 15 Minuten kann es bereits losgehen.
Jupiter - Ich beginne wieder mit dem Gasriesen, und zwar bevor der hinter der Dachkante verschwindet. Leider erwiasche ich den falschen Zeitpunkt. Der große, rote Fleck (GRF) wird heute erst ab ca. 23:00 Uhr sichtbar werden.
Ich begnüge mich zunächst damit, dass Spiel der Monde zu verfolgen. Calisto passiert gerade Jupiter. Das wird bald langweilig.
Die Luftunruhe ist heute gering. Ich werde mutig und tausche das 13mm Okular gegen das 9mm aus. 167-fach bedeute an diesem Teleskop bisher immer matschige Bilder. Nach der erfolgreichen Kollimierung im Januar erhält man auch jenseits der förderlichen Vergrößerung (Objektivdurchmesser in mm ohne mm!) gestochen scharfe Bilder. Plötzlich erkenne ich Details, die mir bisher nur aus Büchern bekannt waren. Wenngleich diese Seite ohne den GRF ansonsten recht langweilig ist, so kann ich nun in Momenten ganz ruhiger Luft auch ein paar white oval spots (WOS) am Rande der äquatorialen Wolkenbänder ausmachen.
Der Schritt von der fotografischen Himmelsbeobachtung zum visuellen Erkennen ist viel schwieriger als umgekehrt. Und trotzdem, das macht Spaß!

Mond - Weil Mars sich noch hinter einem Balkonpfosten versteckt, wechsle ich zu unserem Trabanten. Ich konjugiere mich durch die drei Okulare von der langen zur kurzen Brennweite durch und bin wieder überrascht wie gut 167-fach heute und überhaupt funktioniert. Der Skymax 127 wird langsam zu meinem Lieblingsfernrohr.
Ich muss das ND-Filter einschrauben, bevor ich weiterbeobachten kann. Die Helligkeit bereitet mir Kopfschmerzen...
Ich bleibe zunächst beim Krater Gassendi mit seinem doppelgipfeligen Zentralberg stecken. Von einem Moment auf den anderen wird der zweite Gipfel ganz plötzlich "eingeschaltet".
Südlich des Mare Humorum geht es weiter. Den kuriosen Krater Wargentin kann ich leider noch nicht ausmachen. Der kommt auf die ToDo-Liste.
Ich unterbreche hier für ca. eine halbe Stunde. Es wird kalt. Ich brauche eine Unterlage für den Stuhl und einen heißen Tee...

Mars - Ich beginne dieses Mal sofort mit 167-fach und werde nicht enttäuscht. Größere Formationen wie Acidalia Plantia, Noachis oder Valles Marineris sind klar zu erkennen. Die nördliche Polkappe leuchtet weiß.
Schade, dass Mars bald schon immer kleiner und damit schwieriger zu beobachten sein wird. Dann muss man wieder knapp zwei Jahre warten, bis er uns ähnlich nahe erscheint.
Ich probiere mit Farbfiltern herum, stelle jedoch fest, dass diese unschöne Reflexionen erzeugen. Das muss ich mir merken und hinterfragen...
Mir und dem Bleiakku wird es nun zu kalt. Es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen.

Der kollimierte MC leistet in der visuellen Beobachtung ganz Erstaunliches. Die Anwendung überzogener Vergrößerungen ist auch eine Frage der Kollimation. Die visuelle Beobachtung liefert zwar keine Bilder fürs Instagram-Posing, aber die persönliche Beobachtungserfahrung macht mich auch alleine glücklich.