KODAK PORTRA oder was man dafür hält
Analog oder digital? Richtig oder falsch?
Es könnte z.B. möglich sein, dass verschiedene Generationen X-Trans-Sensor das exakt gleiche JPEG-Rezept unterschiedlich interpretieren. Auch auf der GFX mit ihrem Bayer-Sensor läuft eine PORTRA-Simulation. Erkennt man dann einen Unterschied? Dann sind da noch die NIKON Z5 und mein Wunsch auf dieser Kamera das PORTRA-Gefühl zu transportieren. Und zuletzt ist da die letzte 36er Patrone KODAK PORTRA 400 im Kühlschrank. Ob die nicht schon längst abgelaufen ist?
16.11.24 Nebelwanderung - nur bedingt ähnlich
An der ersten Versuchsreihe nehmen insgesamt vier Kameras teil. Die erste Erkenntnis ist, dass zwischen den Ergebnissen des Bayer-Sensors der FUJI GFX50SII und des X-Trans-Sensors der FUJI X-T3 sehr subtile Unterschiede bestehen, obwohl beide mit dem exakt gleichen JPEG-Rezept arbeiten. Die Bilder sind übrigens SOOC und daher unbearbeitet. Ein Grund für den erkennbaren Unterschied zwischen den beiden FUJIs könnte der höhhere Dynamikumfang der GFX50SII sein. Ihre Bilder wirken daher etwas flacher und könnten eine Anpassung des Kontrastes vertragen.
Die NIKON Z5 zeigt sich zunächst unauffällig. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die NIKON-Interpretation von PORTRA bei der Farbe Blau signifikante Abweichungen aufweist, sowohl zum echten Film als auch zu den FUJI-Simulationen. Das NIKON-Rezept weist zusätzlich einen leichten Rotstich auf.
Ein Ergebnis mit dem KODAK PORTRA 400 ist besoders erwähnenswert. Das Herbstlaub im Wald erscheint sehr kontrastarm. Mir ist durchaus bewusst, dass ich das durch einen beherzten Griff am Regler nachträglich korrigieren könnte. Es kommt hier jedoch auf die viel wesentlichere Erkenntnis an, dass ein echter KODAK PORTRA 400 über mehr Dynamikumfang verfügt als jede Digitalkamera.
Ergebnisse dieser ersten Versuchsreihe:
- Die Ergebnisse mit digitaler Simulation und mit echtem Film weichen erkennbar voneinander ab.
- Es besteht ein kleiner Unterschied zwischen GFX- und X-Trans-Interpretation des gleichen JPEG-Rezeptes.
- Das JPEG-Rezept der NIKON Z5 bedarf einer Anpassung. Dieses JPEG-Rezept weicht sehr deutlich von den anderen PORTRA-Varianten ab.
- Es bestehen bedingte Ähnlichkeiten und eine vollständige PORTRA-Identität wird kaum erreichbar sein.
17.11.24 Im Isarspitz - die NIKON ist zu rot und der echte PORTRA 400 funktioniert nicht gut bei Nebel
Der nächste Versuch nur einen Tag später. Gleich zu Beginn und noch vor Ort wird klar, dass zwischen dem X-Trans4-Sensor der X100V und dem X-Trans3-Sensor der X-T20 kein Unterschied in der Darstellung des JPEG-Rezeptes besteht. Sollten Abweichung zwischen beiden FUJI-Kameras in der PORTRA-Darstellung bestehen, dann beruhen diese lediglich auf kleinen Unterschieden in der Belichtung. Belichtungsdifferenzen von 1/3 EV sind erkennbar.
Ansonsten lässt sich aus der ersten Bilderreihe ablesen, dass der KODAK PORTRA 400 bei Nebel zu einer kälteren Wiedergabe neigt und das NIKON-Z5-JPEG-Rezept zu rot ist.
In der weiteren Betrachtung entfällt aus Gründen der besseren Übersicht die Wiedergabe der X-T20-Ergebnisse, da diese sich nicht von den Ergebnissen mit der X100V unterscheiden.
Bei Nebellicht bleibt der übrige Trend erhalten. KODAK mit kälterer Wiedergabe, NIKON zu warm/rot und FUJI irgendwo dazwischen. Alles ändert sich jedoch, als die Sonne zum Vorschein kommt.
Bei Sonnenlicht kommen sich PORTRA-Film und die FUJI-Interpretation sehr nahe. Das FUJI-Rezept ist etwas wärmer in der Wiedergabe. Dennoch könnte man Film und digitales JPEG-Rezept durch eine sehr einfache Korrektur des Farbtons aneinander angleichen. Und was ist mit der NIKON? Jetzt, bei Sonnenschein, wird mir klar, dass dieses JPEG-Rezept "versalzen" ist. Zu viel Rot, das Himmelsblau tendiert zu Lila und die Mitteltöne sind zu dunkel.
Ich füge hier noch zwei Motive ein, die zeigen wie sehr die JPEG-Rezepte von FUJIFILM X100V und NIKON Z5 voneinander abweichen. Das ist schlimm...
Ergebnisse der zweiten Versuchsreihe:
- Das JPEG-Rezept der NIKON Z5 muss ich völlig neu gestalten.
- Identische JPEG-Rezepte in FUJIFILM-Kameras liefern trotz unterschiedlicher X-Trans-Sensorgeneration identische Ergebnisse.
- Bei bewölktem Himmel und Nebel gefällt mir die Wiedergabe des KODAK PORTRA 400 nicht.
01.12.24 Wanderung von Buchenhain nach Schäftlarn - digital kommt es auf den Weißabgleich an
Eine späte Erkenntnis erhellt mich bereits im Vorfeld zu dieser dritten Versuchsreihe: Das gleichzeitge Arbeiten mit mehr als zwei Kameras ist mehr als nur umständlich. Mein Bauchumfang reicht einfach noch nicht aus, um mir vier Fotoapparate gleichzeitig umzuhängen! Daher werde ich bei diesem letzten Test nur noch zwei Kameras mitnehmen: die MINOLTA mit dem KODAK PORTRA 400 und die NIKON mit modifiziertem JPEG-Rezept.
Das neue NIKON-PORTRA-Rezept habe ich mir als Picture Control heruntergeladen und ein wenig angepasst. Und das Rezept ist wieder zu rot! Während dieser Wanderung erkenne ich aber immerhin die Ursache dieses Fehlers. Allein die Farbtöne der Wiedergabe von EVF und LCD weichen voneinander ab. Und was EVF oder LCD zeigen unterscheidet sich dann immer noch von dem, was später der Computer-Monitor daraus macht. Als ich die Tweaks am NIKON-PORTRA-Rezept angebracht habe, habe ich das Ergebnis allein an der Wiedergabe des LCD gemessen. Das wird noch ein langer Weg...
Bei der NIKON kommt es auch ganz besonders auf die Einstellung des Weißabgleichs an. Ich versuche daher immer gleiches Motiv, gleiches JPEG-Rezept und gleiche Belichtung, aber probiere jeweils mehrere verschiedene Weißabgleicheinstellungen aus. Das subjektiv schönste Ergebnis wähle ich dann für den Vergleich mit dem KODAK PORTRA 400 aus.
In der hier gezeigten Gegenüberstellung wird erneut deutlich, das Film und Filmsimulation voneinander abweichen, und zwar deutlich! Hätte man nun den Anspruch, dass die digitale Filmsimulation exakt dem chemischen Film entsprechen soll, dann wird man spätestens an dieser Stelle enttäuscht. Lässt man diese Indentiäts-Anforderung jedoch fallen und akzeptiert unterschiedliche Ergebnisse, dann bleibt lediglich die Wahl zwischen Gefallen und Nichtgefallen. Mir gefallen übrigens sowohl die Ergebnisse mit dem KODAK PORTRA 400 als auch die Ergebnisse mit der NIKON Z5. Trotz der Ungleichheit erscheint mir beides gleichermaßen schön.
Ergebnisse der dritten Versuchsreihe:
- Die Weißabgleicheinstellung hat ganz wesentlichen Einfluss auf die Wirkung eines NIKON-JPEG-Rezeptes.
- Die Bildergebnisse von Film und Filmsimulation werden vermutlich immer voneinander abweichen.
- Zuletzt entscheidet man selbst, ob es gefällt oder nicht.
Schlussfolgerung:
Sind meine eingangs gestellten Fragen durch dieses Microproject beantwortet worden? Ja, das sind sie, notwendig wie hinreichend und sogar darüber hinaus. Ich lerne, dass ich etwas PORTRA nennen kann, solange es mir als PORTRA gefällt. KODAK PORTRA ist kein absolutes Maß. Kein PORTRA gleicht dem anderen PORTRA. Nur dann, wenn ich mit verschiedenen Medien (Film oder digital) oder verschiedenen Kamerasystemen gleichzeitg arbeite, muss ich mir bewusst machen, dass die Ergebnisse mehr oder weniger voneinander abweichen werden. Für konstante Ergebnisse muss ich bei einem Medium oder einem Kamerassystem bleiben.