SST Gindelalmschneid und ein persönlicher alpiner Jahresrückblick

Auf das Wetter ist kein Verlass, und auf den Klimawandel schon mal gar nicht!

Nach 12 Jahren hatte ich mich endlich damit abgefunden, dass Frau Weckers Schneeschuh-tourenvorschlag über die Gindelalmschneid vermutlich nie mehr möglich sein wird. Wann hat es auf diesen Voralpenbuckeln denn schon einmal Schnee?
Wie so oft in diesem Jahr haben sich Klimawandel und Wetter jedoch als sehr unzuverlässig erwiesen. Seit Anfang Dezember liegt auf der Gindelamschneid Schnee! Also packe ich die Gelegenheit beim Kragen, lade mir die Schneeschuhe auf und fahre mit der BOB in die Berge. 

Mit Schneeschuhen auf die Gindelalm ist fast so unmöglich erschienen wie die rechtzeitge Fertigstellung meines alpinen Jahresrückblicks 2023...

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Bayerische Voralpen


Gindelalmschneid 1.335m

Almbad Huberspitz - Gindelalm - Neureuth

Hausham und Tegernsee


Wandern: T2       Klettern UIAA: -/-        Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: WT1

651m / 668m

12,5km


04h12m

Warum muss ich bloß eingekeilt zwischen drei Chinesen im Zug sitzen? Die Hootschiemins wissen nicht einmal, dass man den Rucksack abnehmen kann, wenn man auf dem Sitz sitzt. Und die feschen Damen sitzen vermutlich im anderen Zugteil...


Als ich fast ganz alleine auf dem Bahnsteig in Hausham stehe, fühle ich mich an die erste Tour am Neujahrstag 2023 erinnert: Alles ist grün und passt irgendwie nicht zur Jahreszeit. Wo ist der Winter, wenn man ihn braucht? Bis zum Huberspitz muss ich die Schneeschuhe heute tragen, mindestens. Da hatte ich bei den ersten Schneeschuhtouren des Jahres dann doch mehr Glück. Es gab noch einen Winter und SST, bei denen man die Schneeschuhe ab dem Parkplatz an den Füßen tragen konnte. Zugegeben, bei der letzten SST des letzten Winters musste man dazu schon sehr weit oben parken.


Ende März 2023 konnte man sich schon auf das Frühjahr einstellen, so wie in den vergangenen Jahren auch. Deshalb war es schon eine Überraschung für mich, als die erste gemütliche Frühjahrstour dann doch noch in den Schnee gefallen ist. So ist das eben, wenn man vom Klimawandel wiederholt verlässliche Bedingungen erwartet, dann nämlich lächelt die Wetterfee und das Wetter zeigt dir seinen Mittelfinger.


Das erste Glanzlicht des Bergsommers hat dann doch bis in den Juni hinein auf sich warten lassen. Ende Juni waren die Bedingungen an der Ackerlspitze oder auf dem Westgrat zur Köllenspitze ideal. Auf der Nordseite der Alpen war ein heißer und trockener Hochsommer angebrochen. Südlich des Alpenhauptkammes war man zu dieser Zeit schon darüber hinweg. Die Dolomiten zeigten sich von ihrer gewitterigen Seite und ich musste mir wieder einmal vor Augen führen, dass Klettersteige einfach doof sind. Irgendwer hat einmal gesagt, dass es in den Dolomiten, bedingt durch den Klimawandel, jetzt im Sommer trockener wäre. Hab ich nicht bemerkt. Das Wetter passte irgendwie nicht zum Klima!


Nun gut, auch der Sommer nördlich des Hauptkamms war nicht so trocken wie in den vergangenen Jahren. So einige Wochenenden konnte man guten Gewissens Zuhause mit Lesen verbringen. Wenn man sich schon auf den Klimawandel verlässt...

Ende August bis Ende Oktober ist das Wetter immer stabil gut. Noch so eine Klimawandellüge. In meiner Not musste ich in der letzten Augustwoche sogar eine Regenwanderung in der Pupplinger Au absolvieren, um nicht mit meinem Popo an der Couch festzuwachsen...


Erst der Hochschwab brachte die Erlösung und das verlässliche Septemberwetter, um solche Höhepunkte wie die Karlmauer oder die Hochschwabsüdwand erleben zu dürfen. Endlich passte das Wetter zu den eigenen Klimaerwartungen. Der Hochschwab stand demgegenüber gar nicht auf meiner Liste. Das ist mir nun aber auch egal, weil ich mit diesem Gebirge einen Ort gefunden habe, der sich schon bei der Anreise wie Hoamkemma anfühlt.

Nur einen Monat später - Wetter und Klima entsprachen immer noch den konstant hohen Erwartungen - musste ich wieder hin , in den Hochschwab. Abkürzungen sind nun mal mein Ding. Warum also nicht auf die TAC-Spitze?

Heute habe ich endlich die Schneeschuhe angelegt und überquere die Gindelalmschneid von Ost nach West, im Schnee und bei Sonnenschein. Ob das Wetter jetzt zur Jahreszeit passt? Hier oben auf dem Berg ist es immerhin wärmer als im Tal!


Am 1. November 2023 war das anders. An Allerheiligen hatte ich schon alles. Im T-Shirt durch den Rosengarten - dem in den Dolomiten, nicht der in den Ammergauern - oder Regen mit zu viel Essen in Bruneck. Dieses Jahr war da mit frühwinterlichen Verhältnissen in den Kitzbüheler Alpen fast schon eine meteorologische Ausnahme in Zeiten des Klimawandels. Erstmals habe ich keinen Gipfel bestiegen, sondern "nur" den Reinkarsee. Leider wurde niemand Zeuge als ich übers Wasser gelaufen bin...


Fast wäre die Allerheiligentour auch die letzte dieses eher durchschnittlichen Bergjahres geworden. Ein Fotoprojekt und die Arbeit waren nun einmal wichtiger. Aber zum Glück liegt nun Schnee auf der Gindelalmschneid und auf dem Weg bis zur Neureuth. Lieber jetzt als Schneeschuhtour als vielleicht nie mehr auf, sondern nur noch mit Schneeschuhen im Rucksack!


Beim Abstieg nach Tegernsee muss ich die Schneetatzen dann aber doch bald wieder von den Füßen abmontieren. Im Tal herrschen frühlingshafte Temperaturen im Frühwinter und das Grün leuchtet im strahlenden Sonnenschein. Hier und heute entspricht das Wetter meinen Vorstellungen von einem gescheiten Klimawandel...


Was lerne ich daraus? Mach dir einen Plan für's nächste Bergjahr, aber nimm das Wetter wie es kommt. Du kannst es eh nicht ändern oder beeinflussen. Und vergiss nicht endlich die Tour über die Gindelalmschneid in Frau Weckers Schneeschuhbuch abzuhaken! So schnell passiert das nicht noch einmal.


Zing • 17. Dezember 2023