Bergtour Ackerlspitze und Maukspitze

Ein langer Tag im Ostkaiser

Die Besteigung von Ackerlspitze und Maukspitze soll meine erste größere Bergtour im Ostkaiser werden. Ich stehe früh auf, damit ich früh starten kann. Der Wetterbericht ist sehr gut, aber das bedeutet auch, dass ein sehr heißer Hochsommertag bevorsteht.

Nur gut, dass ich mich am Vortag intensiv vorbereitet habe. Diverse Webcams zeigen ein großes Schneefeld im sog. Niedersessel. Das Internet ist sich darüber einig, dass dieses Schneefeld oft bis in den Spätsommer vorhanden ist. Einige Tourenberichte sprechen im Zusammenhang mit dem Schneefeld von 'hartgefroren'. Einfach nur gefroren hätte auch genügt. Also sind heute Eispickel und Grödel (richtige, nicht diese Kettendingsbums) im Gepäck.

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Wilder Kaiser


Ackerlspitze 2.329m, Maukspitze 2.231m

Ackerlhütte

Going - Wanderparkplatz Hüttling


Wandern: T5       Klettern UIAA: II        Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: -/-

1.630m / 1.630m

15,9km


11h39m

Der erste Schwung hält bis zum Erreichen der Ackerlhütte nach ca. 1,75 h an. Dann kommt die Sonne raus und untergräbt sogleich die Moral.


Der Eispickel kommt gleich am ersten Schneefeld vor dem Aufschwung, der zum Niedersessel führt zum Einsatz. Da werde ich schon von einem Bergläuferpärchen in Turnschuhen überholt. Ich verliere dieses stressige Spezies jedoch schnell aus den Augen und bin zunächst von den Tiefblicken fasziniert, die sich beim Zustieg zum Niedersessel ergeben. Dann aber weitet sich der Blick. Der Niedersessel breitet sich samt Schneefeld vor mir aus. Die Berglaufstresser sind in die Schrofenrampe zur Maukspitze eingestiegen. Zumindest ist meine Welt damit wieder etwas hergestellt.


Ich lege die Grödel an und spaziere mit dem Eispickel über das ca.  30° steile Schneefeld. Spuren sind kaum zu erkennen. Die da könnte frisch sein, oder auch nicht. Die von unten deutlich sichtbare Spur ist hingegen eine Rutschspur, führt also nach unten und ist nicht wirklich gut nutzbar. Als der höchste Punkt des Schneefeldes erreicht ist, suche ich nach einer Chance für eine einfache Überwindung des doch sehr weiten Bergschrundes. Einige Meter tiefer erkenne ich eine Stufe im Schnee. Von dort aus könnte man an die Wand spreizen. Ich ramme die Haue des Pickels in den Firn, so dass der Schaft wie ein Geländer in den Schrund ragt. Mit einem Fuß steige ich vorsichtig auf den Vorsprung im Schnee. Ich greife den Pickelschaft und schwinge das andere Bein in Richtung Fels. Dort bekomme ich auch einen guten Griff zu fassen. Nur noch das andere beim nachziehen. Und dann nur noch den Eispickel ohne Verlust aus dem Schnee bekommen...

Ich steige einige Metre höher, bis ich eine ebene Stelle finde, an der ich Grödel und Pickel wieder im Rucksack verstauen kann.


Weiter geht es durch den steilen Felsaufschwung. Die Trittbügel sind alle nutzlos in die Tiefe gebogen. Die Griffe sind hingegen brauchbar und ein Tritt für die Füße findet sich doch immer rigendwo. Einige Male muss man luftig über senkrechte Rinnen spreizen. Dann wird es plötlich flacher und Schutt gewinnt die Oberhand über den festen Fels. Vor mir eröffnet sich eine schattige und etwas feuchte, tiefe Rinne. Etwas leichter, aber konzetrieren muss man sich auch hier.

Die Rinne läuft in einer Schuttreiße aus und trifft dort auf das Restschneefeld des Hochsessels. Pickel und Grödel bleiben im Rucksack, da es genügend Alternativen in den Schrofen gibt, um das Schneefeld nach rechts zu umgehen. Im großen Bogen, schrofige Flanken vorsichtig querend, geht es weiter hinauf zur Ackerlschneid.


An der Ackerlschneid begegne ich einem Wanderer. Wo der jetzt wohl herkommt? Ich denke nicht weiter darüber nach. In der langen, sonnigen Flanke zur Ackerlspitze kommt mir dann wieder das Bergläuferpärchen entgegen. Die Grüßen mich, als hätten sie mich noch nie gesehen. Es stimmt also, was man über Leistungssportler sagt...


Endlich, nach hundert Mal Stehenbleiben und Luftholen, lasse ich die Flanke hinter mir. Auf der Nordseite eines Rückens geht es weiter durch eine nicht ganz feste Rinne zum deutlich sichtbaren Gipfelkreuz der Ackerlspitze. Man tritt durch eine Lücke und biegt scharf links ab. Nach wenigen Sekunden und Schritten erreicht man den Gipfel der Ackerlspitze.


Die fünf Stunden bis hierher sind eine lediglich durchschnittliche Leistung, aber dafür belohne ich mich mit einer halben Stunde Gipfelbrotzeit. Die Bewölkung ist sehr Abwechslungsreich. Man muss geduldig auf das beste Licht warten.


Der Zeitpunkt des Abstiegs ist gekommen. Die IIer Stelle beim Abstieg durch die Rinne ist jetzt unangenehm und etwas unübersichtlich. Ich muss ein paar Male die Luft anhalten, um mich leichter zu machen. Jeden Griff pürft man hier lieber sorgfälltig. Als ich Schulter erreiche kommen mir auch schon die nächsten Gipfelaspiranten entgegen.

Beim Abstieg durch die lange Schrofenflanke begegne ich ein vierköpfigen Gruppe junger Skandinavier (?). Die shen schon arg zerzaust aus, wollen aber noch zum Gipfel. Später erfahre ich von anderen Bergsteigern, dass die heute auch auf meiner Route über den Hochsessel aufgestiegen sind. Alle Achtung! Vor dem Gipfel der Ackerlspitze kehren sie dann dennoch vorzeitig um. Ich kann während meines Weges zur Maukspitze die Steine surren hören, die sie in die Tiefe kicken...


Der Übergang zur Maukspitze ist nicht mehr ganz so schwierig. Es gibt zwei Highlights. Man muss einmal sehr luftig und mit tiefen Tiefblicken zu beiden Seiten eine etwa 3m lange Schneide überklettern.  Meine Knie sind weich und freihändig schaffe ich diesen Balanceakt schon nicht mehr.
Und dann ist da noch ein großes Felsenfenster. Sehr fotogen, nur leider fällt mir fotografisch nicht viel dazu ein. Was soll's!


Durch eine 30m lange Rinne erreicht man die Gipfelschneide der Maukspitze. Ach wie schön. Weiter östlich kann ich Wilden Kaiser kaum mehr kommen.


Der Abstieg über die Schrofenrampe wird nochmal eine harte Nummer. Der letzte Wassertropfen ist verbraucht. Die Nachmittagssonne bennt unbarmherzig in die nach unten hin immer steiler werdende Flanke. Die Schrofen erfordern jederzeit Aufmerksamkeit. Einmal muss man sogar um einen steilen Felsriegel herum klettern. Bin ich froh, als ich endlich das Schneefeld im Niedersessel wieder erreiche. Schnee schmeckt ja so gut!


Ich nutze jede Chance 'kein Trinkwasser' in die Flasche zu füllen. Wird mich schon nicht umbringen.


Am Stiegenbachwasserfall mache ich auf einer Bank im Schatten noch einmal eine Trink- und Sitzpause. Von hier aus kann man gut auf den Gewaltmarsch des heutigen Tages zurückblicken.



Zing • 26. Juni 2023