Neujahrstour auf den Ringspitz

Klein und knackig

Es ist immer praktisch eine Liste zur Hand zu haben, wenn man schnell einmal eine Entscheidung treffen muss. Es gibt z.B. eine Liste mit Bergen, die ich unbedingt noch besteigen möchte. Dort findet man jedoch nur die „ganz dicken Dinger“ hinsichtlich Schwierigkeitsgrad, Dauer oder Anforderungen. Irgendwann habe ich mir deshalb eine zusätzliche Liste mit „kleineren“ Touren aufgestellt. Dort sind die Touren aufgelistet, die keiner großartigen Vorbereitung bedürfen, die bei schlechterem Wetter möglich sind oder die einfach schnell mal nach der Arbeit als Feierabendtour möglich sind.
Heute schreiben wir den Neujahrstag des Jahres 2023. Die Temperaturen sollen bei strahlendem Sonnenschein 17°C erreichen und es liegt nahezu kein Schnee in den Bayerischen Voralpen. Das Wetter ist also gemessen an der Jahreszeit SCHLECHT! Das ist folglich ein Fall für die „kleine“ Liste und so ist der Ringspitz schnell als Ziel ausgesucht.

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Bayerische Voralpen - Tegernseer Berge


Ringspitz 1.293m, namenloser Gipel 1.293,1m

-/-

Bad Wiessee - OT Buch


Wandern: T3         Klettern UIAA: -/-          Klettersteig: -/-           Schneeschuhe: -/-

560m / 560m

 7,5km


03h50m (reine Gehzeit davon 02h15m)

Kamera:

Objektiv(e):


Filmsimulation:

Film:


sonstige Ausrüstung:

Fujifilm X-T20

MINOLTA MD ZOOM 24-35mm 1:3,5


PORTRA400

-/-


Stativ

Während der Autofahrt höre ich Radio. Es gibt die Wiederholung des Rucksackradios und eine Sendung über Landwirtschaft. Alles dreht sich um den Umgang und die Reaktion auf den Klimawandel. Verhindern mag das schon keiner mehr. Jetzt müssen wir damit leben! Ein Gletschersturz wie an der Marmolata wird voraussichtlich eher der Regelfall als eine Ausnahmeerscheinung sein. Als ich durch Bad Wiessee zeigt das Thermometer um 07:45 Uhr bereits 8°C an. Willkommen Zing im Klimawandel…


Am Ausgangspunkt der Tour auf den Ringspitz stellt ein Privatmann, vielleicht auch eine Privatfrau, besser jedoch eine Privatperson einen inoffiziellen Wanderparkplatz auf ihrem Privatgrundstück zur Verfügung. Die drei gewünschten EURO ist mir das Wert und mein Gewissen ist beruhigt. Die Straße nach Buch ist nämlich nur für Anlieger frei und drei EURO sind doch mal ein Anliegen, oder?

Ich folge einer schmalen, geteerten Straße bis zu einem Hügel. An einer Weggabelung biegt man links ab, um dann nach ein paar Meter rechts auf einen alten Forstweg einzuschwenken. Jetzt gewinnt man gemütlich Höhe. Einige Bachläufe kreuzen den alten Forstweg. Abschnitte des Weges sind morastig. Gut, das ich die Schuhe vor ein paar Tagen frisch imprägniert habe.


Der Weg gewinnt im langweiligen Fichtenwald schnell an Höhe und nach einem Zickzack-Schlenker steht man an einer Weggabelung. Ob rechts oder links ist laut Karte eigentlich egal. Der Wanderführer sagt rechts, also nehme ich den linken Abzweig.
Ich bin zunächst glücklich mit meiner freien Entscheidung, gibt doch der lichte Wald ein paar nette Blicke auf den Tegernsee frei. Dann erreiche ich eine Hütte und gehe an dieser noch vorbei. Jetzt versperrt ein Baumstamm den immer schwächer sichtbaren Weg. Aber dort, auf der linken Seite, dort sind Spuren zu erkennen. Die Spuren führen in ein Feld aus dichten Ranken. Man muss die Füße hoch heben, weil man sich sonst in den Ranken möglicherweise verheddert und im schlimmsten Fall sogar auf die Fresse fliegt…

Diese weglose Eskapade endet an einer Kreuzung. Von rechts führt ein deutlich sichtbarer Weg hierher. Das wäre der Weg gewesen, auf dem ich hierhergekommen wäre, wenn ich nicht weiter unten an der Weggabelung eine freie Entscheidung getroffen hätte.

Der Weg zum Ringspitz führt links hoch. Die verbleibenden 200 Hm zum Gipfel führen steil durch den Wald in die Höhe. Der Weg ist so überraschend steil, dass mir die fotografische Dokumentation dessen immerhin zwei von den 12 möglichen Fotos pro Bergtour und Tag (Projekt 12) wert ist. Ich bin heute übrigens wieder mit „Altglas“ unterwegs. Das MINOLTA MD ZOOM 24-35mm 1:3,5 ist recht praktisch am APS-Sensor. Auch wenn die Linse keinen besonderen Ruf unter Fotografen genießt, so bin ich doch von den Bildern beeindruckt. Viele Schwächen leistet sich das Objektiv jedenfalls nicht. Trotzdem gibt es heute keinen Altglas-Beitrag zu Projekt 12.

Der Weg ist jetzt also anspruchsvoll (T3) und tatsächlich nicht für schlechtes Wetter geeignet. Markierungen oder Wegweiser sucht man hier übrigens vergebens.
Kurz vor dem Gipfel werden spärliche Ausblicke auf den Fockenstein oder die Kampen möglich. Recht unvermittelt taucht dann auch schon das Gipfelkreuz auf. Der Rundblick beschränkt ich auf eine Schneise, die direkt auf den Tegernsee ausgerichtet ist. Eine Bank ist perfekt unter dem Gipfelkreuz platziert.
Fotografisch ist das schnell abgehandelt. Vom Gipfel führt ein kleiner Steig nach Süden. Dort soll ein Gipfel liegen, der tatsächlich noch 10 Zentimeter höher ist als der Ringspitz. Das macht mich neugierig.


Was sind schon 10 Zentimeter? Der Ausblick von der namenlosen Höhe ist aussichtslos. Ich versuche mit Mühe und Not ein Erinnerungsfoto zu kreieren, schaffe jedoch nur das wenig aussagekräftiges Bild eines Baumfußes. Lieber zurück zum Ringspitz und dann abwärts nach Buch. Der steile, matschige Weg ist im Abstieg kaum schneller zu bewältigen als im Aufstieg. Da bin ich dann doch froh endlich wieder an der Kreuzung zu stehen. Ich biege nach links auf einen alten Forstweg ab, der in einem großen, weitläufigen Rechtsbogen wieder ins Tal führen soll. Das geschieht nicht etwa, weil ich an einem ausgeprägten Rundwegzwang leide, sondern um den Morastpassagen im unteren Teil zu entgehen.

Ich erwarte nicht viel von diesem „Forststraßenhatscher“. Gedanklich ist die Kamera schon wieder im Rucksack verstaut. Dann aber kreuzt der Weg einen Bachlauf, der glänzend über eine glatte Felsrampe daher geplätschert kommt. Noch ein Erinnerungsfoto!

Nach einigen hundert Metern biegt der Weg nach einer S-Kurve in ein Tal abwärts ein. Links von mir erhebt sich eine drei Meter hohe Felswand, über die drei kleine Wasserfälle hinunter strömen. Bei höherem Wasserstand bzw. Niederschlag bestimmt ein spannendes Motiv. Gemerkt!


Auch der weitere Bachlauf bietet noch so einige schöne Szenen. Ich komme bestimmt wieder hierher, wenn das Licht besser ist, also z.B. bei Nebel oder einem bedeckten Himmel.


Ich bin wieder in Buch am Drei-EURO-Parkplatz. Die Hautvolèe ist mittlerweile auch schon auf der Piste, gut gekleidet, aber unfähig den Gruß eines ramponierten Wanderers zu erwidern. Gekrönt wird das Ganze schließlich von dem Paar, sie im Pelzmantel, und deren Hund. Der Afghane (Hund) ist besser frisiert als so mancher Wanderer, also als ich. Die Dame faucht den Herren an, dass der bloß nicht die drei EURO in den Briefkasten werfen solle. Das sei schließlich unverschämt teuer. Der Parkplatz ist ja nicht einmal asphaltiert…


Zing • 1. Januar 2023