Projekt 12 - the good, the better and the best
Finale und (endlich) Schluss mit Projekt 12
Platz 3 - Projekt 12 - Mittelformat
Jedes Ergebnis dieses Teilprojekts würde ich mir ausgedruckt an die Wand hängen (, wenn ich einen geeigneten Drucker hätte; Wände habe ich ja schon). Dennoch gehören diese Bilder nicht zur Siegerstrecke, und das kommt so:
Ein Hauptziel des Projekt 12 war es schließlich, weniger aber besser zu fotografieren. Die 'Mittelformatfotografie' entsprach genau meiner Vorstellung davon. Die FUJIFILM GFX50SII ist eine große und schwere Kamera - nicht umsonst trägt sie den Beinamen 'Dicke Bertha'. Ich würde mit so einem schweren Instrument nur vom Staiv aus arbeiten. Allein das Aufstellen der Fotoausrüstung und die feinsäuberliche Komposition des Bildes würden schon per se dazu führen, dass nur ganz wenige jedoch sehr hochwertige Bilder entstehen. Aber weit gefehlt...
Die spieglosen, digitalen Mittelformatkameras sind vergleichsweise leicht und sehr mobil einsetzbar. Technologien wie OIS und IBIS liefern bis zu 6 EV zusätzlichen Belichtungsspielraum, erlauben den Einsatz eines 200mm Teles bei Belichtungszeiten von 1/8 Sekunde und machen so den Einsatz eines Stativs oft überflüssig. So hatte ich die 'Dicke Bertha' dann auch bei vielen Spaziergängen oder sogar im Gebirge (hier und hier) dabei, also häufiger und als 'Knipse'.
Letztendlich habe ich den sehr schnellen Fotografieprozess der APS-C-Kameras ganz einfach auf das digitale Mittelformat übertragen können. So entstanden zunächst wieder viel mehr Bilder und ich hatte wieder die Qual der (Aus)Wahl.
So kommt es nun, dass zwölf m.E. sehr ansehnliche Bilder entstanden sind. Dies jedoch nicht durch überlegtes, selektives Fotografieren, sondern durch Auswahl aus einem Kreis vieler anderer z.T. gelungener "Mittelformatknipsfotos". Daher kann das Teilprojekt "Mittelformat" auch nicht zur Siegerkategorie gekürt werden.
Die Auswahl meines persönlichen Favoriten aus den zwölf Bildern in dieser Kategorie fällt mir nun trotzdem wirklich schwer. Bild Nr. 12 und Nr. 1 entsprechen z.B. exakt dem, was ich mir schon beim Verlassen des Hauses vorgestellt hatte.
Das Bild Nr. 2 hat eine Geschichte, wenngleich eine traurige. Ich leben und wohne hier nun schon über 10 Jahre und dies Szene in Bild Nr. 2 erste Ende 2022 entdeckt. Jetzt, knapp 12 Monate später, existiert dieses Motiv schon nicht mehr. Mein Freund der Baum, der im Vordergrund, ist tot bzw. gefällt worden.
In Bild Nr. 2 manifestiert sich daher die Essenz der Fotokunst in ganz besonderem Maße: Es geht um das Festhalten von Augenblicken in einer sich stetig verändernden Welt.
Bild Nr. 3 zeigt eine Lichstimmung, die so und in dieser Form vermutlich nie wieder zu sehen sein wird: Es geht um das Festhalten von Augenblicken in einer sich stetig verändernden Welt.
Die Bilder Nr. 4, 5 und 6 sind mit, an die Mittelformatkamera adaptierten, alten MINOLTA-Objektiven entstanden. Das Rendering ist in dieser Form typisch für das Mittelformat und kaum mit kleineren Sensoren darzustellen. Der langsame Prozess mit den alten MF-Objektiven führte zudem zu sorgsamer Bildkomposition.
Die Bergfotos Nr. 7, 10 und 11 bedürfen kaum der Erkäuterung. Der hohe Dynamikumfang und die hohe Detailauflösung des Mittelformatsensors, machen Bilder möglich, die mit der APS-C-Kamera nur schwer zu erreichen sind.
Bilder Nr. 8 und 9 zeigen was man mit dem 100-200mm Telezoom "aus der Hüfte geschossen" erreichen kann, einfach so, quasi nebenbei...
Und welches ist nun das beste aus diesem Genre? Ich schwanke noch kurz zwischen Nr. 5 und Nr. 6 und entscheide mich heute für Nr. 6. Morgen schon könnte es aber wieder Nr.5 sein...
Plätze 2 und 1 - Projekt 12 - Schwarzweiß oder Filmfotografie?
Wer hätte gedacht, dass es diese beiden Kategorien in die Endausscheidung schaffen?
Das Schwarzweiß-Teilprojekt hatte z.B. einen mehrmonatigen Durchhänger. Dann gab fand eine Regenwanderung im August statt und auf einen Schlag sind vier Bilder dazugekommen. Plötzlich war nur noch eine Stelle offen und das abschließende Bild Nr. 12 musste sehr sorgfältig aus der Vielzahl der Bewerber aus-gewählt werden.
2022 war mein schwarzweißes Fotografiejahr. Vieles ist daraus bei mir hängen geblieben. Bei diesen Schwarzweißaufnahmen wusste ich schon vorher, dass diese Motive nur in Schwarzweiß zur Geltung kommen. Die Nr. 1 aus dieser Reihe ist möglicherweise der schwächste Beitrag aus dieser Reihe, was die Auswahl eines Siegerfotos nicht gerade erleichtert. Heute tendiere ich zur Nr. 5, die zudem mit der Mittelformatkamera gewonnen wurde.
Was im Rahmen von Schwarzweiß nicht ganz so gut gelungen ist, ist die Tatsache, dass manches Mal ein Bildereigen entstanden ist, der wieder eine nachträgliche Auswahl erforderlich machte. Die "Auswahl durch Auslöser" konnte ich hier noch nicht vollständig umsetzen.
Und so kommt es, dass die Filmfotografie zur Siegerkategorie des Projekts 12 wird.
Platz 1 - Projekt 12 - The winner is ... Filmfotografie
In der Filmfotografie ist das Konzept der "Auswahl durch Auslöser" am treffendsten umgesetzt worden. Die hohen Preise des Filmmaterials und fehlende, schnelle Kontrollmöglichkeit über das Bildergebnis erheben die Filmfotografie zu einem Beispiel vorhergehender Visualisierung par excellence.
Oft habe ich den Auslöser dann eben doch nicht durchgedrückt, weil ich das Scheitern oder den Erfolg eines Motivs zuvor antizipieren musste. Es ist besser nicht zu fotografieren, als schlecht zu fotografieren. In einer Zeit des digitalen Überflusses, in der das Sammeln von Daten oft der gezielten Vorüberlegung vorgezogen wird, führt ein langsamer, analoger Prozess zu bewusster Effizienz und Effektivität.
Mir fehlt noch eine Erklärung dafür, warum ich mit der analogen Technolgie so außergewöhnliche Perspektiven wie in den Bildern Nr. 1, 2, 3, 7, 10 oder 11 finden konnte. Das wäre schließlich auch digital möglich, oder doch nicht? Vielleicht ist es die Kreativität aus Verzweiflung? Es könnte jedoch auch einfach nur an der gesteigerten Wertschätzung für das teure Medium liegen.
Da war z.B. meine erste Rolle CINESTILL 800T (ob man das so überhaupt noch schrieben darf? "800T" ist mittlerweile eine geschützte TM). Ich dachte CS800T von diversen JPEG-Rezepten zu kennen. Aber keine Digitalkamera oder Bildbearbeitungs-Software kann das liefern, was Licht auf diese Emulsion zaubert.
Der preisgünstige KODAK GOLD ist längst keine Notlösung mehr oder die billige Alternative zu den PORTRAs. Der Film liefert ab (6, 7, 8, 9, 10, 11).
Mit dem Test von LOMO 400 hätte ich mir dann jedoch fast selbst ein Bein gestellt. Mit diesem Film komme ich - jedenfalls bei Tageslicht - nicht zurecht. Bild Nr. 12 ist das einzige, existierende Gegenbeispiel zu dieser Einschätzung, und das war immerhin so gut, dass es unter die letzten 12 dieser Kategorie kam.
Wieder würde ich mir alle zwölf Bilder an die Wand hängen, einige davon sogar an die Wand einer Galerie. Der Trend geht zur Zweitwand. Mein absoluter Spitzenreiter ist jedoch Bild Nr. 9, das auf digitalem Wege nie so erreicht werden könnte und vermutlich nur von Edward Hopper persönlich in Öl und auf Leinwand übertroffen werden könnte!
Und was kommt nach Projekt 12?
Das war's. Das Spiel ist aus! Und das ist auch gut so.
Ich konnte in Projekt 12 sehr viel über Fotografie und mich selbst als Fotograf lernen. Dabei ist die Erfahrung, wie etwas nicht funktioniert oft noch wertvoller als erfolgreiche Umsetzung.
Bei aller gewonnenen Erfahrung und erlebter Freude an der Fotografie ist Projekt 12 in den vergangenen acht Wochen jedoch auch zur Belastung geworden. Insgesamt 60 vorzeigbare Fotografien innerhalb eines Jahres zusammenzustellen, ist gar nicht so einfach. Viele andere Freizeitaktivitäten wie Sport, Bergsteigen, Bouldern oder Astronomie mussten zurückgestellt werden, um die einzelnen Sammlungen des Projekt 12 vollzubekommen. In diesem Umfang würde ich so ein Projekt nicht wieder aufsetzen.
Ebenso würde ich in einem neuen Projekt eine andere Zielsetzung verfolgen wollen. Anstatt den Fokus auf die Förderung bestimmter Fähigkeiten zu konzentrieren, sollte ein neues Fotoprojekt mit einer Aussage verknüpft werden. Ich möchte jetzt nicht von Bildern sprechen, die meine Gefühle zum Ausdruck bringen. Dazu sind meine Gefühle viel zu einfach: Hunger, Durst, Müdigkeit...
Aber im Ernst, mir schwebt etwas vor, das mehr einem Bildband von Salgado entspricht. Bilder die in ihrer Gesamtheit eine Botschaft vermitteln.
Ich mach jetzt erst einmal eine Pause, denke nach und werde im Januar 2024 einen Entwurf machen.
Darüber hinaus möchte ich natürlich auch die Sonderausgaben über JPEG-Rezepte und Tilt-/Shift-Objektive endlich fertigstellen bzw. endlich einmal damit anfangen.
Cheers!