Weitere Weitwinkelversuche

Kurz vor Schluss

Es wird Zeit, dass ich endlich Projekt 12 abschließe. Seit Wochen dreht sich alles um Fotografie und darum die 12er Serien vollzubekommen. Kein Sport und ich werde immer dicker. In den Bergen war ich auch schon seit Wochen nicht mehr. Ich müsste noch meinen persönlichen, alpinen Jahresabschluss verfassen.
Ich greife nach der vorbereiteten X-T3 mit dem 16mm-Objektiv und breche an einem lausig kalten, windigen Morgen zu einer Weitwinkelsession auf. Heute steht die Gewinnung von völlig normalen Weitwinkelaufnahmen im Mittelpunkt. Bisher, so mein Eindruck, habe ich immer Gebrauch von extremen Perspektiven oder dem Fisheye-Objektiv gemacht. Mit dem moderaten  24mm-Äquivalent am Vollformatsensor möchte einfach ein "klassisches" Weitwinkelfoto gewinnen: Vordergrund, Mittelgrund, Untergrund...

Kamera:

Objektiv(e):


Filmsimulation:

Film:


sonstige Ausrüstung:

FUJIFILM X-T3

FUJINON XF 16mm f/2,8


PORTRA, VISION3 250D

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Auch schlechte Versuche müssen sein


Ich hatte erst kürzlich gelernt, dass ich die Unfähigkeit ein Weitwinkelmotiv zu visualisieren durch Ausprobieren mit dem LCD kompensieren muss.

Ob dieser Erkenntnis habe ich aber vermutlich all die anderen nützlichen Grundlagen der Weitwinkelfotografie vergessen. Die Aufnahmen in diesem Abschnitt wirkten auf dem Display alle sehr spannend. Während der späteren Auswertung daheim am Computer war ich dann aber enttäuscht. Was fehlte?


Nun, Vordergrund, Mittelgrund, Untergrund fehlen, und das nur als Beispiel für mein Versagen. Viele der Szenen erscheinen unaufgeräumt. Es ist vieles im Bild aber kein echtes Motiv erkennbar. Manche Bilder überzeugen auf der Mäusekinoleinwand (LCD) wohl nur aufgrund der Farben und Kontraste, halten jedoch am Monitor nicht stand.

Falls ich doch einmal ein Motiv gefunden habe, dann ist es nicht gelungen dieses Motiv in angemessenen Proportionen in die Umgebnung einzuordnen.


Fehler sind dazu zu da, um daraus zu lernen.

Die kleinen Dinge


Eine andere Idee war es nah an kleine Dinge heranzugehen. Das 16er ist mit einer Offenblende von 2,8 kein Bokehmonster. Vielleicht gelingt es aber doch das Kleine im verwaschenen Großen und Ganzen einzuordnen?

Nicht ganz! Die Naheinstellgrenze des 16ers beträgt ca. 25cm und Pilze sind unterschiedlich groß. Einmal werden die Pilze formatfüllend abgebildet, ein anderes Mal muss man ein 100% Ausschnitt anfertigen, um die Pilze überhaupt sehen zu können. Letzteres konterkariert natürlich die Weitwinkelfotografie.


Was ebenso auffällt: Das Bokeh von FUJIs kleinem 16er ist unruhig, ja fast wild. Man muss schon viel Nachbearbeitung walten lassen, damit der Hintergrund weich wird (negative Klarheit).


Die Beschäfftigung mit den kleinen Dingen erfordert zudem Geduld und Zeit. Mir ist kalt, es ist windig und ich gebe nur zu gerne schnell auf...

Experimente mit dem Horizont


Kürzlich habe ich gelernt, dass der Regisseur John Ford die Positionierung des Horizonts im Bildausschnitt als das wesentlichste Bildgestaltungselement betrachtet hat. Sogar der junge Steven Spielberg wäre deshalb fast an John Ford gescheitert, als er sich bei ihm beworben hat.


Ich greife diese Anekdote auf und experimentiere selbst mit dem Horizont. Vielleicht fehlt mir hier im Tertiärhügelland einfach die Weite des amerikanischen Westens, um Kapital aus der dramatischen Positionierung des Horizonts zu schlagen. Tatsächlich ist es aber das erneute Fehlen eines Motivs, das diese Versuche scheitern lässt. Es fehlt schlicht das Objekt, das in eine Beziehung zur Horizontlinie tritt.

Die engere Auswahl


Es war nicht alles schlecht an diesem Fotoausflug. Vier Bilder bleiben übrig, die meinem Anspruch an ein gutes Weitwinkelfoto entsprechen.

Da ist eine 'Baumreihe', die im Garten eines Bauernhofes in der Tiefe gestaffelt steht. Einziger Wermutstropfen ist, dass ich während der Nachbearbeitung am rechten Rand einen hässlichen Holzstapel mit dem Kopierstempel eliminieren musste.

Das 'Schilf am Weiher' ist auch nicht schlecht. Die Aufnahmebedingungen waren allerdings unterirdisch. Der starke, kalte Westwind wollte keine Ruhe geben. Ich musste den zentralen Schilfhalm mit der linken Hand in Position halten, die richtige Windbö abwarten und mit der rechten Hand die Kamera ganz hoch halten, dabei jedoch den Horizont elemnieren und das AF-Feld auf die richtige Stelle halten. Das brauchbarste Bild aus 20 Versuchen!

Der 'Weg im Wald' ist die Verbesserung des oben vorgestellten Bildes. Die Kamera wurde dazu in ca. 2,20 m Höhe gehalten. So wird das Hauptmotiv 'Weh' ausreichend hervorgehoben und der Kontext 'Wald' tritt in den Hintergrund.

Das letzte der vier Fotos in der engeren Auswahl entsteht am scharfen 'Rechtsknick meiner Lieblings-laufstrecke'. Mir fallen die in der Tiefe gestaffelten, einzelnen Bäume sofort auf. Die Formen der Bäume und die Textur der Rinden erzeugen eine spezielle Form des Kontrasts. Das Wäldchen im Hintergrund verschwimmt und bildet die Leinwand für diese Szene. Lediglich das linke Drittel des Bildes muss ich zunächst im Geiste und später bei der Nachbearbeitung abschneiden. Der helle, graue Himmel hätte die Balance gestört. Und so komme ich zum letzten Eintrag in das Kapitel Weitwinkelfotografie.


Jetzt fehlt mir nur noch ein Bild ...

                                                                   ... und ich kann endlich wieder zum Bouldern, Klettern und Laufen gehen.

Projekt 12 - Weitwinkelfotografie

ZIng • 25. November 2023