Objektivüberschuss abbauen

"Es macht nicht glücklich, sich mit unnötigen Dingen zu umgeben."

Ja, ich habe es getan. Ich habe einiger meiner einst heiß geliebten Fuji-XF-Objektive veräußert. Wieder sollte Marie Kondo Recht behalten. Manchmal ist es besser, sich von Dingen zu trennen, wenn die Beziehung zu ihnen verfliegt.
Wer mich näher kennt, der weiß, dass mir die Trennung von Fotoausrüstung nicht leicht fällt. Jetzt aber musste Platz für Neues her und ich musste mir die Frage stellen, ob ich wirklich alle Objektive meines Lebens behalten will. Nun sind drei sehr gute, jedoch nicht mehr 'ganz so dolle' geliebte Objektive fort.
Hier möchte ich nun Abschied nehmen und die drei ein letztes Mal einem Review unterziehen.


FUJINON XF 50mm 1:2 R WR

Ursprünglich hatte ich mir eingebildet, die komplette Reihe der kleinen, wetterfesten Festbrennweiten aufbauen zu müssen. Das 50er durfte also nicht fehlen und war somit die einzige wetterfeste "Telebrennweite" im Repertior. Das 50er bildet auf dem APS-C-Sensor mit einem Kleinbildäquivalent von 75 mm ab, ist also ein leichtes Portraittele, nur wen soll ich schon portraitieren?


Fangen wir mir den positiven Eigenschaften an. Das kleine 50er bildet bereits ab Offenblende bis in die Ecken scharf ab und das bleibt so bis etwa Blende 11. Jenseits von Blende 11 sind dann erste Unschärfen aufgrund von Beugung zu erkennen.


Vignettierung ist spätestens ab Blende 2,8 keine Thema mehr.


Verzeichnung kann man auch bei ausgeschalteter in-camera-correction nicht beobachten.


Manuelles Fokussieren fiel mir in der Landschaftsfotografie mit diesem Objektiv sehr leicht.

Auch der Autofokus kann sich sehen, aber nicht hören lassen. Er arbeit für eine Fuji-Linse an allen verwendeten Gehäusen schnell und besonders zuverlässig.


Warum in aller Welt sollte man sich von so einem schönen Objektiv nur trennen?


Es gibt noch eine ganze Reihe schöner Vintage-50er im Schrank! Keines davon bildet so scharf ab wie das kleine FUJINON. Alle 'vintage leneses' haben jedoch mehr Charakter als Fujis 50er.


Das Bokeh des XF 50mm 1:2 ist unspektakulär, ja manchmal wirkt der Unschärfebereich sogar etwas unruhig und rau. Das bekommen CZJ Pancolar oder das HELIOS 44 deutlich schöner hin.


Angeblendet auf mindestens 4,0 reichen sogar die beiden Minoltas (f/1,4 und f/1,7 ) an die Schärfeleistung des FUJINONs heran und sind somit gleichermaßen für die Landschaftsfotografie geeignet.


Letztendlich werden die hohe Perfektion und die zahlreichen Alternativen dem FUJINON XF 50mm 1:2 R WR zum Verhängnis.


Möglicherweise werde ich den Autofokus irgendwann einmal vermissen, aber als Landschaftsfotograf arbeite ich meist ohnehin mit manueller Fokussierung.


Adieu kleines Teleobjektiv.



FUJINON XF 10-24mm 1:4 R OIS

Dieses Weitwinkel-Zoomobjektiv war für mich ursprünglich die "Einstiegsdroge" in das Fuji-X-System. 2017 stand ich unter dem Kesselkogel in den Dolomiten und bemerkte, dass 24mm Kleinbildäquivalent einfach nicht ausreichen. Für die schwere Canon APS-C DSLR hätte ich zwar ein 10-24mm bekommen können, aber diese Kombination wollte ich nun wirklich nicht durch große Gebirge schleppen...


Und dann gab es Fujis X-T20 günstig im Ausverkauf und eben dieses 10-24mm dazu!


Es gibt verschiedenste Testberichte über das 10-24mm. Die Schärfe soll nicht so besonders sein. Das Objektiv würde wellig verzeichnen. Mit einem Anfangsöffnungsverhälnis von 1:4 sei es nicht für die Astrofotgrafie geeignet sein.

Das mag vielleicht alles stimmen. In der Praxis habe ich davon jedoch nichts bemerkt und war mit der Abbildungsqualität stets sehr zufrieden.


Einige spannende Bilder sind mir damit gelungen, allerdings niemals im Gebirge oder gar unter dem Kesselkogel. Diese erste Version des 10-24mm hat noch keine WR-Kennzeichnung, was mich jedoch kaum gestört hat. Feuchtigkeit oder ein paar Tropfen haben dem Objektiv niemals geschadet.


Und wenn es jetzt so gut ist, warum trenne ich mich dann davon?

Fangen wir mal so an: Für einen Einsatz an der X-T20 oder X-E3 ist das FUJINON XF 10-24mm einfach zu wuchtig. Der Aufbau ist eher frontlastig. Erst an der X-T3 konnte ich es bequem handhaben.


Oft war dieses vergleichsweise schwere Objektiv im Rucksack dabei, wurde auf Wanderungen dann jedoch fast nie verwwendet. Der Objektivwechsel ist mir immer zu umständlich gewesen, besonders dann, wenn man Weitwinkel nicht kann...


Der extreme Bildwinkel, wir sprechen von einem Kleinbildäquivalent von 15-36mm, liegt mir einfach nicht, zumindest nicht in der Landschaftsfotografie. Zuletzt habe ich das Zoom eher in Innenräumen verwendet, und dann auch nur noch für die Arbeit! 


Man könnte jetzt jammern, dass diese Weitwinkelwaffe doch für mein Projekt 12 fehlen würde. Dennoch vermisse ich das FUJINON XF 10-24mm 1:4 R OIS nicht. Mit dem 16er oder den 18mm des Standardzooms habe ich alles Weitwinkel, das ich benötige. Dieser schwere Klotz muss nicht im Regal verstauben.


Good bye Weitwinkelzoom!

FUJINON XF 55-200mm 1:3,5-4,8 R LM OIS

Dieses Telezoom ist eine der ältesten Konstruktionen aus Fujis XF-Serie. Technisch und unter dem Gesichtspunkt der Abbildungsqualität ist es dennoch gemessen am Preis unschlagbar günstig gewesen. Die wesentlich teueren Objektive (100-400 oder 50-140) konnte und wollte ich mir beim Systemaufbau zunächst nicht leisten. Das 70-300mm gab es damals gerade noch nicht.


Mit dem 55-200mm war ich ebefalls sehr zufrieden, allerdings macht erst der Einsatz an der griffigen X-T3 wirklich Freude, denn auch das kleinste der Fuji-Telezooms ist nicht gerade ein Leichtgewicht. 


Die Abbildungsleistung ist sehr gut und fällt nur am langen Ende etwas ab. Die Offenblendenleistung ist hingegen tadellos, Abblenden macht oft kaum Sinn, wobei man bis Blende 16 gehen kann, bevor sich die unausweichliche Beugungsunschärfe bemerkbar macht.


In Foren findet man oft hinweise auf qualitative Exemplarstreuung und es scheint wirklich 'flaue Röhren' zu geben. Ich hatte jedoch Glück und kann nicht klagen. Das 55-200 hat mir viele schöne Aufnahmen geliefert und ich hattes es gerne dabei. Ich bin halt eher so ein Tele-Typ...


Warum nur trennt man sich von so einem nützlichen Instrument?

Es gibt mittlerweile bessere Alternativen! Dabei spreche ich nicht einmal von Fujis teuren 50-140 oder 100-400.


Fujis 70-300mm soll schärfer sein und ist wetterfest(er) (WR-Kennzeichnung). Die 100mm mehr am langen Ende machen u.U. einen entscheidenden Unterschied. Ja, das 70-300 ist etwas lichtschwächer, aber es hat auch OIS.


Und dann gibt es dan noch das 100-400mm von SIGMA. Ja, vom Fremdhersteller. Die Lichtstärke von 5,0-6,3 klingt zunächst auch nicht aufregend. Dafür bekommt man dann aber auch ein Kleinbildäquivalent von 150-600mm an die Hand! Ich bin mir fast sicher, dass das SIGMA 100-400mm der designierte Nachfolger für das XF 55-200mm 1:3,5-4,8 R LM OIS ist.

Allerdings wiegt das 100-400 doch über 1,4 kg und die Objektivschelle zur Stativbefestigung muss man dazukaufen. Ich kanns mir ja noch überlegen...


Adios Telezoom!

Zing • 30. August 2023