Mit "Altglas" wandern
Objektive mit Charakter?!
Das MD 28 ist am APS-C-Sensor der X-T20 schlicht ein solider Performer. Die Äquivalentbrennweite beträgt bei einem crop factor von 1,5 dann 42mm. Das ist ideal für die Reportagefotografie. Ich fühle mich mit einer Brennweite um die 40mm immer sehr wohl. Mit dem MD 28 könnte ich einen ganzen Tag verbringen, ohne den Drang nach einem Objektivwechsel zu verspüren.
Ich hatte das MD 28 ja bereits als soliden Performer eingeschätzt, aber es ist auch in gewisser Weise langweilig. Mitte der 80er Jahre (vergangenes Jahrundert!) war das MD 28 eines der besten Weitwinkelobjektive. Die meisten optischen Fehler sind hervorragend korrigiert. Selbst bei Offenblende bildet das MD 28 scharf ab. Und heute am digitalen Sensor? Wenn man nicht manuell fokussieren müsste, würde man nicht bemerken, dass man eine über 30 Jahre alte Optik verwendet. Kaum eine der modernen "Chinascherben" performt besser als das MD 28.
Mit dem MD 28 entstehen heute sehr schöne Bilder, aber keines davon verfügt über das gewisse Etwas, um in die 'hall of fame' von Projekt 12 aufgenommen zu werden. Autofokus wäre toll! VILTROX bringt bald ein 27mm-Objektiv mit einer Anfangsblende 1,2 auf den Markt. Eigentlich benötige ich keinen Ersatz für das MD 28, aber das Gefühl der inneren Leere lässt sich mit neuer Ausrüstung für kurze Zeit vergessen, und man wird davon nicht einmal besoffen...
Mein Exemplar des HELIOS 44-2 ist tatsächlich eine richtige "Russenscherbe". Das Ding habe ich bei ebay für 35,- EURO ersteigert. Alles klappert, die Blende ist auch nach zahlreichen Reinigungsdurchgängen immer noch verölt und falls es jemals eine Vergütung gegeben haben sollte, ist die schon längst in unzähligen Tempotüchern verschwunden. Aber als direkte Kopie des Carl Zeiss Biotar verfügt das HELIOS 44-2 über etwas, das alle Fotografen suchen. Das HELIOS 44-2 hat Charakter. Das 'swirly bokeh', die "Katzenaugen" und 'flares' verleihen Bildern die Akzente, die ein profanes Motiv zu etwas Besonderem machen.
Dem Reiz des HELIOS 44-2 muss ich mich heute jedoch mühsam annähern. Der richtige Abstand zwischen Objekt und Hintergrund muss erst gefunden werden.
Erst ganz zum Schluss gelingt mir das. Und so finden dann doch noch zwei Bilder Eingang in das Altglasteilprojekt von Projekt 12.