Die Münchner Freiheit im Fischauge ...
... und warum Zuwanderung der Streetfotografie die Leichtigkeit nimmt.
Münchner Freiheit
Durch die Anreise mit der U-Bahn beginne ich natürlich auch unten. Es ist am frühen Abend, die Zeit des Berufsverkehrs. So spannend der U-Bahnhof auch ist, aber mit vielen Menschen wirken die Bilder unaufgeräumt. Die müssen alle weg! Na ja, ich probiere es oben an der Bus- und Tramhaltestelle. Die Überdachung bietet viele Linien, die sich hervorragend in einer Fisheye-Komposition kombinieren lassen. Ich konzentriere mich vorwiegend auf die Unterseite des Daches und kann so die zahlreichen Passanten ausblenden. Eine Frau schaut interessiert herüber und lächelt. Ich gehe auf sie zu und erlebe eine böse Überraschung.
In bestem Migrantendeutsch gibt sie mir zu verstehen, dass sie nicht von mir fotografiert werden wolle. "Hab ich gar nicht!" Du bist mir auch zu hässlich. "Zeig mal die Bild. Isch möschte nischt auf die Foto. Löschen Du das sofort!" Ob das etwas religiöses ist? Aber die trägt nicht einmal ein Kopftuch. Die ist bestimmt ne Fachkraft, vielleicht sogar für das Recht am eigenen Bild...
Ich bin froh, als der Bus Nr. 53 sie endlich verschluckt. (Hoffentlich spuckt er sie nicht gleich wieder aus.) Ich beneide meine britischen Bekannten, die im Schmelztigel der Londoner Innenstadt ohne größere Probleme ihrer Streetphotography nachgehen können.
In Deutschland nimmt sich jeder zu wichtig und pocht auf sein Recht am Bild. Den Einwanderern machen wir es vor. Vielleicht holen wir uns auch nur die falschen Einwanderer ins Land?
Oben ist es mir zu unterirdisch. Ich gehe wieder hinab und trete die Heimfahrt an. Genügend Bildmaterial (ohne unentspannte Personen) habe ich schließlich sammeln können.
A liminal space under the Marienplatz
Als ich am Marienplatz ankomme habe ich noch 15 Minuten Zeit bis zu meiner S-Bahn. Ich schaue mich um und entdecke "am andere Ende" einen großen, runden Schacht. Hier gibt es einen Fahrstuhl - der ist natürlich außer Betrieb - und eine Rettungstreppe. Es ist ein risiger Raum, der menschenleer ist und im Moment keinen weiteren Zweck erfüllt. Ich bin mir sicher, dass man nur an der richtigen Kachel reiben muss, damit sich das Portal zu einer anderen Welt auftut...
Ich freue mich über diese kleine Entdeckung, bin mir aber gleichzeitg unsicher, welches der Bilder in Projekt 12 eingeordnet werden soll. Die Bilder dieser Zwischenwelt unter dem Marienplatz überwältigen mich emotional, aber sind die gut genug?
Ich schlafe eine Nacht darüber und lenke mich mit Arbeit ab. Am Ende wird es doch die ungewöhnliche Ansicht des Daches an der Münchner Freiheit. Das Portal zu einer anderen Welt merke ich mir jedoch für einen weiteren Fototrip vor...