Die erste After-Work-Fotosession 2025

Fotografieren teilweise verboten!

Dieser Fotoausflug nach getaner Arbeit fürht mich in Münchens Norden, dorthin, wo das richtige Schwabing schon nicht mehr existiert und wo die Stadtplaner Schwabing Nord erfunden haben.
Als ich am Freitag, dem 03.01.2025 hier am Beginn - oder auch Ende - der A9 entlang fahre, sind die Bürotürme hell erleuchtet. Vom Auto aus betrachtet ein schönes Fotomotiv. Im Auto ist es aber auch warm...

Heute ist es viel zu kalt. Viele der Fenster bleiben dunkel. Und dann werde ich auch noch aufgefordert die Fotos zu löschen.

Kamera:

Objektiv(e):


Filmsimulation:

Film:


sonstige Ausrüstung:

FUJIFILM X-T3

TAMRON 17-70mm F/2.8 Di III-A VC RXD


FUJIFILM NPL

-/-


Stativ

Ich nähere mich den großen Türmen mit den Logos von Computer und IT. Ich bin ja so völlig unbedarft. Scheinbar gibt es in diesem offenen Bereich eine Grenze, die ich nicht so offensichtlich erkennen kann. Eine Wachfrau hält mich auf und fragt nach meiner Genehmigung. Kein Schild weist hier darauf hin, dass Fotografieren verboten sein. Vielleicht ist es ja die Pflasterung, die den öffentlichen Raum vom privaten Bereich abtrennt?. Ich soll die Bilder vor Zeugen löschen! Ich müsste, weil hier überall Kameras seien!? Ich beginne. Nach drei Bildern bedankt sich die wachsame Wachfrau und verschwindet schon wieder in ihr warmes Glashaus-Kabuff. Beim Löschen der Bilder bin ich ja so ungeschickt. Jetzt habe ich doch noch welche aus dieser verbotenen Welt auf der Speicherkarte. Ich schaue sie mir an und freue mich an ihnen, auch wenn ich sie niemals in meinem Tagebuch zeigen kann. Bestimmt jagen mich jetzt in dunkle Anzüge gekleideten Männer von EiBieeM oder Fuhschittzu, um mir diese geheimen Innenansichten aus dem Außenbereich zu entreißen. Anschließend wird mein lebloser Körrper...


Ich gehe weiter. Das hier ist kein Stadtteil, sondern so etwas wie ein kleiner Stadtstaat á la Vatikan. Hier regieren amerikanische Tech-Konzerne. Die Menschen, die hier arbeiten sind alle wichtig, oder fühlen sich zumindest so. Einige von denen verlassen jetzt um 18:00 Uhr schon ihren Arbeitsplatz. Ob der Multimilliadär an der Spitze des Gebäudes das erlaubt hat? Um zumindest geschäftig zu wirken, werden zwischen Kollegen unbedingt vernehmbare Wortfetzen aus dem IT-Bullshit-Bingo ausgetauscht. Vielleicht fühlen sie sich dadurch besser. Möglicherweise dient es aber auch nur dazu, dem schlechten Gewissen vorzubeugen, weil man ja so früh nach Hause geht. Oder es die Spezies, die mir im Berufsalltag leider viel zu häufig begegnet, die Spezies, die versucht sich in Ermangelung von Fähigkeit und Aufgabe durch Teilnahme an inhaltslosen Konversationen mit geschickt ausgesuchten business terms eine Bedeutung zu verschaffen.


Es ist kalt. Ich wiederhole mich. Trotzdem, es ist kalt! Ich trage nur dünne Handschuhe, damit ich die Kamera noch bedienen kann. Die Handschuhe sind nicht dünn genug. Das Drehen des ISO-Einstellrades bewegt auch immer das Rad üfr die Auswahl der Bildrate mit. Vorderes und hinteres Einstellrad auf der rechten Seite der Kamera lassen sich ebenfalls nur unzureichend bedienen. Entweder wird gedrückt statt gedreht, wenn ich nur drehen möchte, oder gedreht und gedrückt, wenn ich doch nur drücken möchte. Die X-T3 ist weit entfernt von der perfekten Winterkamera.


Einige Inder mit Turban und Chinesen ohne Turban verlassen ihre Glashäuser. Interessiert schauen sie mir während der Langzeitbelichtung über die Schulter. Wenn die nun alle gezwungen würden, das Land zu verlassen, dann wird unter den verbleibenden Springerstiefeln doch kaum ein kompetenter Ingenieur und Mathematiker zu finden sein. Wenn der rote Bratwurstpfeil auf blauem Grund an die Macht kommt, dann bin ich nämlich auch weg. Dann werde ich Inder, Syrer oder Japaner. Nach Kanada oder Grönland kann man ja leider nicht mehr auswandern, weil die bald zu den USA gehören...

Zing • 15. Januar 2025