Vom schönen Wanderweg habe zur Duslaualm habe ich kaum etwas wahrgenommen. Es wundert mich, dass ich vor lauter Nachdenken nicht dauernd gestolpert bin. Aber da ist auch schon die Kreuzug. Irgendwo bimmeln Kuhglocken. Ich muss links abbiegen. Ein Schild weist darauf hin, dass der Weg endet. Nicht nur Wege enden. Alles endet einmal.
Nach weingen hundert Metern soll auf der rechten Seite ein markanter Felsen auftauchen, bei dem man sich ins Gebüsch schlagen soll. Ich bemerke nur ein Schild im Gestrüpp und schaue lieber nochmal aufs Navi. Oh, hier muss man abbiegen. Der markante Felsen verschwindet hinter dichtem Bewuchs. Wenigstens ist die Spur, die in den Wald hineinführt, deutlich zu erkennen und halbwegs einfach zu verfolgen. Immer tiefer führt der Pfad in einen "Zauberwald" hinein. Die Steigung ist bisher nur gering, aber das wird sich bald ändern. Hinter einem Durchschlupf zwischen zwei "markanten" Felsen biegt man unvermittelt nach rechts in den steilen Bergwald ab. Hier erkennt man nicht mehr viel. Nur ein paar helle Flecken hinter dem dichten Laub verraten, dass dort irgendwo die SO-Wand des Leonhardisteins sein muss. Nach einigen heiklen Stellen im steilen und noch nassen Waldhang erreiche ich dann auch endlich die Felsen. Steine mit hellen Bruchflächen liegen auf dem Boden und mahnen dazu jetzt den Helm aufzusetzen.
Direkt am Wandfuss taste ich mich über Schotter nach Westen. Als ich um eine Ecke biege, schaue ich direkt in das SO-Band mit seinem markanten Schuttfeld. Auch hier finde ich noch die lästigen Schneereste des frühen Wintereinbruchs. Auf undeutlichen Spuren arbeite ich mich über den Schutt nach oben. Das Band wird hier etwas schmaler. Kurz vor einer Engstelle deuten Spuren darauf hin, dass ein Ausweichen nach links deutlich einfacher sein könnte. Den Idealanstieg finde ich jedoch nicht. Schnell finde ich mich in einer heikelen IIer-Stelle wieder. Mich an Baumwurzeln und Grasbüscheln klammernd überwinde ich den Hang. Von links kommt eine deutliche Spur daher. Das hätte ich also tatsächlich einfacher haben können.
Das nächste Hindernis ist eine Tanne, deren Äste bis auf den Boden reichen. Der Rucksack veheddert sich. Ich brauch drei Anläufe, um an dem Baum vorbei zu kommen. Am liebsten wäre ich über den Boden gekrochen. Aber dort verläuft eine Ameisenstraße, ach was rede ich, eine Ameisenautobahn, achtspurig! Es ist von Vorteil, dass man hier nicht direkt in den Abgrund der SO-Wand schauen muss, der sich nur ca. 1,50 Meter weiter links befindet. Erst als ich die Bäume hinter mir lasse, entsteht kurz das Gefühl von Ausgesetztheit. Das vergeht jedoch schnell, weil man nun wieder direkt in der Bandmitte über Schrofen nach oben klettert (I). Dann erkenne ich auch schon linker Hand eine Reflexion. Das ist der Ausstiegsstand der 'Flora Bohra'. Und jetzt sehe ich schon das Gipfelkreuz des Leonhardisteins.
Bis auf einen Wanderer treffe ich hier niemanden. Der Schnee bedeckt noch immer die hohen Berge. Dort hinten sieht man schon den
Juifen.
Ein kurzes Resümee: Ein spannender, rustikaler Aufstieg abseits ausgetretener Pfade. Nur von den Kletterstellen sollte man nicht zu viel erwarten. Echte IIer-Stellen muss man schon erzwingen. Meist ist der Spaß nach einem einzigen Zug auch schon vorbei.
Ich genieße noch eine Weile den herrlichen Ausblick von diesem Bergzwerg. Dann ist es aber auch schon an der Zeit dieses Microadventure zu einem unfallfreien Ende zu bringen.
An den Normalweg werde ich mich niemals gewöhnen. Der ist zwar einfach (T3) aber irgendqwie immer auch schmodderig. Ich rutsche und stolpere hinab. Der Gegenverkehr nimmt zu. Im Eilmarsch geht es zurück nach Kreuth. Nicht schlecht, das Südost-Band auf den Leonhardistein...