Astrofotografie mit Hindernissen
Erste fehlte das Glück und dann kam das Pech dazu...
Der Aufbau von Montierung und Optik funktioniert reibungslos. Nach nur 20 Minuten bin ich bereit mich an den Cirrusnebel heranzutasten. Dort, wo früher das Sucherfernrohr mit Autoguider-Kamera befestigt war, klemmt jetzt ein 8x50 Sucher mit Amici-Prisma. Das Sucherbild ist also aufrecht und seitenrichtig. Mit Karkoschkas Atlas oder dem Kosmos Sternatlas ist man dann nach nur zwei Starhops bereits bei 52 Cygni angelangt. Zwei Testaufnahmen und der Bildausschnitt passt perfekt. Jetzt noch eine Testaufnahme mit 60s Belichtungszeit. Die Sterne sind schön rund!
Ich fange zunächst mit einer Seqenz über 30 Aufnahmen an. Gerade nachdem ich den Timer gestartet habe, fällt mir ein Lichtschein auf der Innenseite der Sonnenblende auf. Hä? Ich drehe mich um. Ca. einen Kilometer von mir entfernt sind mehere große Erntemaschinen mit ihren Flak-Scheinwerfern bei der Arbeit. Diese Art der Lichtverschmutzung ist kaum vorhersehbar. In diesem Fall kann ich nichts anderes tun, als die Optik die ganze Zeit über mit meinem Körper abzuschatten. Wenn man so herumsteht, dann werden die Füße schnell kalt...
Ich starte eine zweite Sequenz mit 30 Aufnahmen á 60s. Sind die Mähdrescher endlich weg? Es scheint so? Aber nein, nach fünf Minuten Stille und Dunkelheit kehren sie zurück. Also erneut herumstehen anstatt im Auto Radio zu hören. Und dann endlich fahren Sie auf der Straße in Kolonne davon.
Ich frohlocke und starte die dritte Aufnahmesequenz. Danach marschiere ich auf dem Feldweg ein paar Meter auf und ab, um wieder warme Füße zu bekommen.
Das mache ich öfter bei solchen Gelegenheiten. Dabei lausche ich auch immer auf den Kameraverschluss bzw. den Spiegelschlag. Den letzten habe ich wohl verpasst?
Welche Lampe leuchtet da eigentlich rot an der Kamera? Seit wann hat die Montierung einen roten Blinker? Meine Schritte werden schneller und länger.
Auf dem Kameradisplay leuchtet ein rotes Batteriesymbol auf. Schön, was bedeutet das jetzt? Die Powerbank kann ja schließlich nicht nach etwas mehr als einer Stunde leer sein. Aufgeladen war sie auch, oder? Ja, doch! Der Nachführcomputer verrät mir, dass die Spannung des Bleigelakkus auf 10,2V abgesackt sei. Plus 0,6V Durchlassspannung der Verpolschutzdiode macht das nur 10,8V. Das ist zu wenig! Ist es etwa zu kalt? Das Autothermometer zeigt 7°C an, also nichts, was außergewöhnlich wäre. Auf jeden Fall ist die Beobachtungsnacht nach nur 63 lights vorbei. Ich trenne die Kamera von der Powerbank und setze einen Akku ein, den ich in der Hosentasche warm gehalten habe. Zuerst die flats und bias. Die verbleibende Restkapazität brauche ich mit 15 darks auf. Dann ist auch dieser Akku erschöpft. Einpacken und Abmarsch...
In den kommenden Tagen versuche ich den Akku der Powerbank wieder aufzuladen. Er ist scheinbar schnell aufgeladen, aber auch ebenso schnell wieder leer, und das in der warmen Wohnung! Ich baue den 7,2Ah-Bleigelakku aus der Powerbank aus und versuche ihn mit dem Superduperladegerät eines Arbeitskollegen zu "heilen". Auch das scheitert. Für ca. 28,- EURO gibt es Ersatz. Ich nehme gleich zwei Stück. Die Powerbank tut wieder ihren Dienst und der zweite Akku wird ab sofort exklusiv für die Teleskopheizung verwendet.
Meine kläglichen Fotoergebnisse verarbeite ich dann noch so, wie von Sarah beschrieben, also zunächst mit der Software SiriL. Die Benutzeroberfläche ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber die Features sind unschlagbar. Wenn man SiriL die im Bildausschnitt enthaltenen Deepsky-Objekte mitteilt, dann führt die Software einen vollautomatischen Weißabgleich anhand der im Feld enthaltenen Referenzsterne durch! Es gibt einen Algorithmus, der den Grünstich aus dem Himmelshintergrund herausrechnen kann, ohne die roten Wasserstoffnebel zu verfälschen. Die Normalisierung der Farbkanäle gehört ebenfalls zum Repertoir von SiriL. Und bevor ich es vergesse, die Registrierung der lights, darks, flats und bias sowie das anschließende Stacking erfolgen ebenfalls vollautomatisch. Nicht einmal Referenzsterne muss man dazu noch vorgeben. Die oben aufgelisteten Rohbilder konnten in nur 45 Minuten registirert und gestacked werden.
Das Ergebnis dieser unglücklich verkürzten Astrofotosession ist diesem Beobachtungsbucheintrag beigefügt. Die doppelte Belichtungszeit hätte dem Bild jedenfalls nicht geschadet. Vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr, und sogar mit einigen H-alpha-Frames dazu...