Wie kommen die Negative eigentlich in den Computer?

Film scannen

Wenn Leuten erzählt, dass man noch auf Film fotografiert, dann schütteln die meisten ersteinmal den Kopf. Bald darauf lautet dann aber schon die neugierige Frage: 'Wie kommen die Negative eigentlich in den Computer?'
Gestern war es mal wieder so weit und ich habe frisch entwickelte Negative gescannt. Eine gute Gelegenheit, den Prozess zu dokumentieren und für die Nachwelt zu erhalten...

EIgentlich ist es ganz einfach. Eine Digitalkamera ist im Prinzip nichts anderes als ein Scanner. Man spannt den Film also über einem Leuchtpult ein und fotografiert das Negativ einfach ab.


Alles was man dazu benötigt ist eine Digitalkamera, vorzugsweise mit einem Makroobjektiv bestückt. Die Kamera sollte auf einem Stativ befestigt sein. Als Lichtquelle/Leuchtpult kann man ein Smartphone oder einen Tablet-Computer verwenden.


Im einfachsten Fall legt man nun das Negativ auf das "Leuchtpult" und beschwert die Enden des Filmstreifens mit zwei Büchern. Wichtig ist, dass sich der Negativstreifen nicht von selbst wieder einrollt. Eine AN-Glasscheibe aus einem alten Bilderrahmen würde auch funktionieren, um den Filmstreifen plan zu halten.


Jetzt positioniert man die Kamera über dem Negativbild und fotografiert...


Im Foto links sieht man dagegen  die Luxusausführung des zuvor beschriebenen Aufbaus. Die Kamera ist mit einer Art Stativkopf an der Säule eines alten Vergrößerungsgerätes verbunden. Der Fimstreifen läuft durch die Kassette des alten Vergrößerungsgerätes. Die Kassette selbst liegt auf einem Leuchtpult.

Wie geht es nun weiter? Fokussieren, Belichtung einstellen, Bild aufnehmen.


Na gut, das war vielleicht ein wenig schnell. 

  1. Man sollte immer RAW-Bilder aufnehmen, ansonsten wird es später sehr schwierig die richtigen Farben zu treffen oder den oft immensen Dynamikumfang eines Negativs vollständig zu erfassen.
  2. Man kann, muss aber nicht, auf einem Stückchen Film ohne Bild einen Weißabgleich auf den Acetatträger ausführen. Das kann später die Bildbearbeitung erheblich abkürzen. Dennoch lässt sich der Farbschleier des Filmträgers später während der Bildbearbeitung auch herausrechnen, vorausgesetzt man hat RAW-Aufnahmen vorliegen (siehe 1.).
  3. Vor jeder Aufnahme sollte peinlichst darauf geachtet werden, dass sich nicht irgendein Staubfitzel auf dem Bild abgelagert hat. Auch das wäre bei der späteren Bildbearbeitung korrigierbar, ist aber richtig nervig, besonders dann, wenn sich so ein Härchen z.B. in einem sehr detailreichen Abschnitt des Negativs befindet. Ich empfehle zum Entfernen von Staub und Schmutz einen weichen Pinsel. Andere verwenden auch elektrische Gebläse oder einen "kalten" Fön. Auf keinen Fall sollte man den Film anpusten. Kalter, feuchter Atem und Spucketröpfchen, wie ekelig!
  4. Die Belichtung kann man der Automatik überlassen oder man versucht den "Buckel" möglichst mittig im Histogramm zu platzieren. Sollte das Histogramm hingegen "Teufelshörner" aufweisen, so wäre sogar eine HDR-Aufnahme geboten.

5. Fokussieren ist auch noch wichtig. Am besten überprüft man die Fokussierung bei jedem einzelnen Bild. Manuelles Fokussieren ist ratsam. Nicht alle AF-Systeme kommen mit der glänzenden Filmoberfläche zurecht. Ich fokussiere immer auf die Beschichtungsseite, so dass das Korn möglichst detailreich abgebildet wird. 


Auf die Beschichtungsseite?


Ja genau, auf die Beschichtungsseite! Wenn man die Filmbezeichung und die Bildnummer lesen kann, dann schaut man zunächst auf den Filmträger. Die Chemie bzw. die "Filmkörner" befinden sich auf der Rückseite. Fotografiert man durch den Filmträger hindurch, dann ist das so, als ob man durch eine Fensterscheibe fotografieren würde. Die Abbildung würde letztendlich darunter leiden.

Sind Filmbezeichnung und Bildnummern hingegen spiegelverkehrt (siehe Bild links oben), dann schaut man direkt auf den eigentlichen Film.

Diese Beschichtungsseite sollte der Kamera zugewand sein.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, das die Bilder dadurch natürlich entweder aufrecht und seitenverkehrt oder aber auf dem Kopf stehend und seitenrichtig augenommen werden. Das wäre eine Sache die man direkt nach dem Import in den Computer per Bildbearbeitung beheben sollte.

Zing • 25. Februar 2023