Vintage Lenses & Fuji GFX50SII am letzen Tag im April
Eine Fotowanderung ohne Autofokus
Erste Station ist die Filialkirche St. Kastulus. Der Sonnenaufgang gibt jedoch nicht viel her. Auf dramatische Farben wartet man vergebens. Vielmehr schiebt sich gleich nach Sonnenaufgang eine wenig gegliederte Wolkendecke vor das Zentralgestirn. Jetzt wird es grau.
Ich muss auf das für graue Tage bessergeeignte JPEG-Rezept VINTERSKOG wechseln. Die großen Baumgruppen südlich von Kreuzholzhausen bieten sich als Motiv an. Man tut jedoch gut daran, heute den Himmel aus der Bildkomposition auszuklammern, weil das Histogramm bereits wieder "die Teufelshörner aufsetzt".
Irgendwann wechsele ich auf das 28er und quäle mich mit den Schwierigkeiten der Weitwinkelfotografie. Das 28er entspricht im digitalen Mittelformat bereits einem 22mm Objektiv. Man muss sich schon bücken, wenn man einen halbwegs interessanten Vordergrund im Bild haben möchte. Es fällt mir heute wieder schwer, das Bücken einerseits und das Fotografieren mit dem Weitwinkel andererseits. An einer knorrigen Buche lande ich dann endlich einen Glückstreffer. Ich verwende bewusst das CHROME BYPASS-Rezept, weil man damit die Lichter sehr kontrolliert ausbrennen lassen kann. Der Stamm der Buche wird also korrekt belichtet, während der als störend empfundene Hintergrund im Licht verschwindet. Nur zwei schemenhafte Baumstämme, in der Tiefe gestaffelt, gelangen noch in die Komposition und verleihen dem Bild einen sense of depth and context. Das ist mir einen Beitrag zu Projekt 12 wert...
Als ich Deutenhausen erreiche klart es endlich auf und die Sonne zeigt sich. Mir springt eine Szene ins Auge, die mich fesselt. Eine Birke mit jungen Blättern wiegt sich im strammen Ostwind. Die Birke kämpft mit einem knorrigen und kahlen Baum um die spärliche Sonne. Kurz leuchtet die Szene bunt und detailreich auf. Mit dem 135er Tele an der "Dicken Bertha" picke ich das Wesentliche heraus. Sicher hätte man das Bild mit jeder Kamera aufnehmen können und dennoch bin ich der Auffassung, dass der große Mittelformatsensor hier und jetzt am besten geeignet ist. Die feinen Strukturen und filigranen Linien betteln um hohe Auflösung. Und so entsteht der vierte Beitrag zum Mittelformatteilprojekt von Projekt 12. Anders als in diesem Blog-Beitrag kann ich mich schließlich in der 100%-Ansicht des 50-Megapixel-Bildes verlieren.
Der Kreis schließt sich nur langsam. Diese Fotowanderung ist am Ende 20,1 km lang und es kommen sogar 290m Höhendifferenz in Auf- und Abstieg zusammen. Das Stativ war den ganzen Weg dabei. Der stabilisierte Sensor der GFX50SII macht aber den Einsatz eines Stativs fast überflüssig. Wer weiß schon, wofür dieses Gewichts-Handicap später einmal gut sein wird?
Nun war ich ja ausschließlich mit den manuell zu fokussierenden, alten Minolta-Objektiven unterwegs. Warum ist da eigentlich kein Bild in der Altglas-Kategorie von Projekt 12 entstanden? Hmm, die Minolta-Linsen sind einfach zu gut und weisen kaum die Charaktermerkmale von 'vintage lenes' auf. Zudem fehlte die direkte Sonne, mit deren Hilfe man den Minoltas immerhin ein paar bunte Flares entlocken könnte. Na da hab ich doch schon etwas für einen der nächsten Tagebucheinträge...
Mittelformat - Projekt 12
Weitwinkel - Projekt 12