Stockholm - Wird am zweiten Tag alles besser?

Auf der Suche nach Inspiration

Ich schlafe wenig und bin früh wach. Das Hotelbett ist viel zu weich für meinen gestählten Körper. Und wer hat bloß vergessen die Klimaanlage über Nacht auszuschalten? Ein eisiger Wind weht durch das Zimmer.  Bis zum Frühstück habe ich auch noch zwei Stunden Zeit. Ich vertrete mir mit der Kamera um den Hals die Füße. Mal scheuen, ob es heute besser läuft als beim Erstkontakt.

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Schweden, Hauptstadtregion


Skinnarviksberget

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Vaxholm, Stockholm


Wandern: T1       Klettern UIAA: -/-        Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: -/-

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Morgens durch die Gamla Stan


Ohne Menschen erhält man oft einen besseren Überblick über ein Stadt. Morgens, wenn alle noch schlafen, könnte man ungestört die Formen und Struktur des urbanen Raumes erfassen. Es ist menschenleer und dennoch stört mich etwas. Ich kann es noch nicht begreifen, jetzt noch nicht.


Als ich um eine Ecke biege, treffe ich auf einen Platz, auf drei Seiten von hohen Wänden umgeben. In der Mitte verkümmert ein einzelner Baum, der schon lange jegliche Lebensfreude verloren zu haben scheint. Pöller und Laternen stehen zwar in Reih und Glied, passen jedoch nicht zueinander. Erstmals keimt in mir der Gedanke, dass Stockholm möglicherweise von allem zu viel hat und dass dieses Zuviel von allem um die knappe Ressource Raum kämpfen muss. Es existiert kein urbaner Horizont, an dem sich der Mensch orientieren könnte. Ich muss raus hier, sonst übergebe ich mich noch über die gedachte Reling.


Unten am Reichstagsgebäude schaue ich einem Angler zu. Das Bild ist friedlich. Für einen kurzen Moment kann ich die erdrückende Metropole ausblenden. Frischer Wind streicht über das Wasser herüber. Der Wind trägt den Duft von frischem Kaffee. Ich unterbreche den Morgenspaziergang für das Frühstück.

Nachher möchte ich noch nach Vaxholmen, um von dort mit dem Pendelbat 83 zurück in die City zu cruisen. Bis dahin habe ich noch kanpp zwei Stunden zur Erkundung der Gamla (=alt) Stan (=Stadt). Ob es ein Gammelstadtskandal wird?


Die Gassen sind eng. Nur selten kann der Blick mehr als 100m überbrücken. Durch Schwedens schmalste Gasse passe ich gerade so hindurch. Das geht in Neapel noch ein wenig enger...


Langsam erwacht die Stadt. Immer länger muss ich warten, um den decisive moment mit der Kamera einzufangen. Die Touristen kommen aus ihren Hotels gekrochen und beleben die Szene, bzw. stören sie. Als ich Deutsch höre, ist es an der Zeit zu gehen. Der Bus nach Vaxholm wartet nicht.

Eine Bootsfahrt die ist lustig - ein Abstecher nach Vaxholm


Mit der roten Line der U-Bahn zur Bustatstion und weiter nach Vaxholm. ÖPNV funktioniert hier. Die Wartezeiten sind angenehm und fangen kleinere Verspätungen locker auf. Wir fahren im Doppeldeckerbus weiter nach Vaxholm. Der Bus wird reichlich genutzt. An Stationen im Irgendwo oder auch Nirgendwo steigen einzelne Fahrgäste aus und machen sich mit Rucksack auf dem Rücken auf in die Natur. Bei uns daheim würde das nicht passieren. Da steigt niemand zwischendurch aus, sondern alle am Spitzingsee!


Vaxholm entäuscht ein wenig als Touristenfalle. Der freie Blick auf die auf einer Insel vorgelagerte Festung wird durch eine Baustelle verstellt. Ein Loch im Bauzaun ist schnell gefunden.


Nach knapp einer Stunde kommt auch schon das Pendelbat, die Fähre, die uns zurück nach Stockholm bringt. Die Paxe sind ein gemischtes Volk aus Einheimischen und Touristen. Sämtliche Klischees werden erfüllt. Die Schweden drängeln mehr noch als die Deutschen beim Zustieg. Die Deutschen blockieren die wenigen Stühle am Heck mit Jacken. Wahrscheinlich hatten sie keine Handtücher dabei. Ein Gruppe Österreicher betrinkt sich schon kurz vor Mittag. Zwei Italienerinnen palavern lauter als die Möven, die Kindern die Schokolade klauen. Von einem arabisch sprechenden Pärchen greife ich nur die Wortfetzen 'barid jidana' auf: Zu kalt!


Mir ist das alles egal, solange man mich und mein großes Teleobjektiv ungestört an die Reling vorlässt. Die Nr. 83 ist allerdings sehr schnell unterwegs. Im Sekundenrythmus wechselt die Aussicht. Auf das Topdeck dürfen wir leider nicht.


Stockholm kommt näher. Das bemerkt man nicht nur alleine an den größer werdenden Gebäuden. Nein, auch die architektonische Kakophonie nimmt wieder zu. Irgendwie erscheint mir die Stadt so, als habe jemand Häuser eines Monopolyspiels in einen Beutel getan und diesen dann über der Landkarte ausgeschüttet! Viel zu schnell legen wir wieder in Stockholm an.


Ein Schlenker über Skeppsholmen liefert noch ein paar nichtssagende Fotomotive in feinstem Nachmittagslicht. Dann bereite ich mich auf den dritten Akt des Tages vor...

Nachts sind alle Wasser blau - Skinnarviksberget


Bis auf eine Dose Bier und ein mitgebrachte Pizza kostet ein Besuch auf dem faltigen Berg eigentlich nichts. Dafür ist der Blick auf die Stadt, besonders bei Sinnenuntergang, unbezahlbar. Einige letzte Wolkenfetzen verschwinden bald. So kann die Sonne Stockholm in goldenes Licht tauchen. Aus eine Ghettoblaster tönen die 'Country Roads' und ich habe für die nächsten zwei Tage einen Ohrwurm eingefangen...


Als der Sonnenuntergang nur noch schlechter werden kann, steige ich hinab zum Wasser und lasse das leise Plätschern auf mich wirken. Wenn man sich die Ohren zu hält, dann ist es eigentlich ganz friedlich hier ... auf der Söderströmsbron rumpelt ein Fernzug vorbei. Bei Nacht sieht man davon wenigstens nicht viel auf den Bildern.


Obwohl es Nacht wird dauert der Tag noch lange genug an, um ein neues Projekt zu starten. Dieses Projekt benötigt kein Tageslicht, weil es unter der Erde stattfindet...


Zing • 8. März 2025