SST auf den anderen Heuberg
Der verlorene Autoschlüssel
Tourenplanung am Vorabend. LWS 1 und nur wenig Neuschnee. Das sollte nicht zu schwer oder gefährlich werden. Beim letzten Blick aus dem Fenster gerate ich allerdings in einen ernsten Interessenkonflikt. Der Himmel ist klar und schon mondlos. Eigentlich die perfekten Voraussetzungen für Deep-Sky-Astrofotografie. Aber dann könnte ich morgen nicht um 06:00 Uhr aufstehen. Ich schaue nochmal aufs Außenthermometer und entscheide mich fürs warme Bett und morgen SST…
Über Nacht ist es nicht wärmer geworden und die Autoscheiben haben den letzten Rest Energie auch noch gegen den 2,7 K warmen Himmel abgestrahlt. Dementsprechend lange dauert das Eiskratzen heute Morgen bis es endlich auf die kurzweilige Autofahrt gehen kann. Da kommt auch schon die Durchsage, dass wegen der Lkw-Blockabfertigung wieder einmal die A93 verstopft ist. Warum hat google das nicht schon gestern, während der Tourenplanung gewusst? Na denn, man kann es auch
hier nachlesen, hinterher, denn dann ist man ja schlauer...
Google weiß jetzt auch endlich, ich stehe schon 10 Minuten lang im Stau, dass es eine schnellere Route gibt…
In Walchsee hat es google dann erneut sehr schwer. Es erscheint zunächst logisch früh rechts abzubiegen und den Umweg über den See auszulassen. Als ich dann jedoch in der Garageneinfahrt eines verlassenen Ferienhauses auf der Fläche einer 85-Cent-Briefmarke mit dem Auto in 221 Zügen wenden muss, fluche ich und sage: „Nicht o.k. google.“ Prompt antwortet google: „Ich habe Dich nicht verstanden.“
Irgendwann schaffen wir, google und ich, es dann doch noch die Auffahrt zum Tourengeherparkplatz Heuberg zu finden. Das Schild mit der Schneekette ignorieren wir beide. Die Ketten liegen immerhin warm und trocken im Keller…
Nur kurze Zeit nach mir trifft auch ein redseliger Tiroler mit seinen Tourenskiern am Parkplatz ein. Ohne großes Aufhebens oder Vorbehalte gehen wir ein Stück gemeinsam. Er trägt die Ski. Ich trage die Schneeschuhe. Viel Schnee ist am Vortag nicht gefallen. Das bisschen Puderzucker liegt auf einer fehlenden Unterlagen. Zum Glück ist mein Begleiter „trittsicher“ und findet den Wanderweg auch unter der spärlichen Schneedecke.
Etwas unterhalb der Wolfingeralm trenn sich dann unsere Wege. Ich möchte gerne die eingeschneite Forststraße erkunden, während der redselige Tiroler sich für die „Berchtesgadener Spur“ entscheidet. Mein kleiner Schlenker bringt nicht wirklich viel. Letztendlich lande ich doch wieder in der Tiroler Fußspur, nur eben um ca. 20 Minuten abgehängt. Zumindest scheint mir jetzt endlich die Sonne auf das Haupt.
Der redselige Tiroler hat seine getragenen Skier kurz unterhalb des Jöchls deponiert und kehrt bereits freudestrahlend vom Gipfel zurück. Ich lege endlich die Schneeschuhe an, damit es nicht wieder eine der unzähligen Schneeschuhtragetouren wird. Und weil in meinem kleinen Universum alles einen Namen braucht, nenne ich die Kombination aus Schneeschuhtragetour und Schneeschuhtour einfach Kanadische Kombination. Damit wäre auch der Titel der Tour erklärt.
„Zu Fuß in die finnische Sauna und mit getragenen Schneeschuhen zurück!“
Der Heuberg ist nach zweieinhalb Stunden erreicht. Die Aussicht ist wortwörtlich sehenswert. Die Wolkendecke im Westen und der scharfe Wind zeigen jedoch auch an, dass das Schönwetter wieder einmal nur so eine Phase ist. Also lieber absteigen bevor alles wieder taut. Kurz bevor man endgültig in den Wald abtaucht, steige ich erst von den Schneeschuhen ab.
Eine wahrlich schöne Schneeschuhtour, die ich bestimmt nicht nur zum ersten Mal unternommen habe. Die zahlreichen Möglichkeiten (direkter Weg, Forststraßen, Abstecher zum Ebersberg) und der relativ lawinensichere Anstieg machen sie zu einer SST für jeden Geschmack.