Die letzte Seillänge lässt sich herrlich klettern und ist ein Schmankerl zum Abschluss. Beim Stand am Ausstieg weht mir dann jedoch ein ganz anderer Wind entgegen. Das sind ca. 50 km/h. Weil die letzte Seillänge ja 'immer' nochmal so steil ist, sehe ich Wolfgang nicht mehr. Der Wind ist so laut, dass ich auch nichts anderes mehr hören kann. Ich brulle Stand in die Südwand und zeihe das Seil zweimal kurz an. Es bewegt sich etwas und ich kann ca. 8m Seil einholen. Irgendwann geht es langsam weiter. Wolfgang kommt nach.
Wir gehen gemeinsam auf die Wiese weiter, bis der Wind nicht mehr so arg bläst. Dort sortieren wir uns und die Ausrüstung.
Das Gefühl für Zeit habe ich völlig verloren. Der Stand der Sonne, die Farbe der Wiese und mein Grad der Erschöpfung lassen mich auf nach drei Uhr Nachmittag kommen. Ich überlege schon, wie wir Elisabeth erklären, dass wir wieder mal zu spät dran sind.
Wolfgang schaut schaut auf die Uhr. Dreiviertel eins!
Wir haben für die 11 Seillängen doch nur drei Stunden benötigt und somit noch fast den ganzen Tag vor uns.
Eine kurze Zwischenbilanz: Außer für Notfälle oder den einen Zwischenstand hätte man weder Klemmkeile, Friends oder Schlingen benötigt. Die Standplätze sind allesamt vorblidlich ausgebaut. Ein 50-Meter-Seil reicht aus. Der Abseilachter war auch nur für den unwahrscheinlichen Fall der Fälle dabei. Wobei ich persönlich zugeben muss, dass mir während der dritten Seillänge kurz das Wort 'Hubschrauberrettung' durch den Kopf gegangen ist...
Jetzt aber genießen wir erstmal die Aussicht vom Hochschwab. Bis zum Hohen Dachstein kann man im Westen schauen. Der gewaltige Ötscher beherrscht die Voralpen im Norden. Im Osten schließen sich Rax und Schneeberg an. Da muss ich auch noch hin!
Wir machen keine lange Pause auf dem Gipfel. Ob man den Hochschwab auch mal bei Windstille erleben kann?
Wir machen uns an den langen, jedoch einfachen Abstieg zur Voisthalerhütte, wo unsere Zahnbürsten darauf warten wieder von uns eingesammelt zu werden.
Wir sind dehydriert und Wolfgang fabuliert von der "kleinen Bigwall". Damit habe ich schon einmal den Untertitel für diesen Tourenbericht.