Frühjahrstour mit Schneeschuhen: Grüner Ups und Upsspitze

Ups, I did it again!

Ich kann mich zwischen Astrofotografie in kalter Neumondnacht und Bergtour bei anfangs bitterer Kälte entscheiden. Unter der warmen Decke ist die Bergtour noch ein paar Stunden weiter entfernt. Die Entscheidung gegen Sterneknipsen machen mir die ersten Eisblumen am Fenster einfach.
Wohin soll es denn gehen. Frau Weckers kleines Schneeschuhfachbuch liefert mit dem Grünen Ups eine erste Idee. Unterhalb des Grünen Ups liegt der Lichtenberg mit einer automatischen Messstation: Ein Wert von 60 cm lässt sich im Intenet finden.

Das könnte tatsächlich noch für einen Schneeschuhtour ausreichen!

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Ammergauer Alpen, Danielkamm


Grüner Ups 1.852m, Upsspitze 2.332m

-/-

Ehrwald


Wandern: T3       Klettern UIAA: -/-        Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: WT3-4 (LWS1)

1.365 m / 1.365 m

15,9 km


08h15m

Nach 1:15 h berühre ich an der Tuftalm zum ersten Mal ein paar armseelige Altschneeflecken. Nur der kalte Wind erinnert daran, dass der meteorologische Winter erst seit zwei Tagen vorüber ist. Irgendwo muss doch Schnee zu finden sein!


Auf der langen Schlussgeraden zwischen Tuftalm und Grünem Ups macht der Weg auf einer kleinen Waldlichtung eine Fragezeichenkurve. Dort treffe ich auf eine erste größere Schneefläche. Der Harschdeckel ist knallhart und trägt mich und die Schneeschuhe am Rucksack problemlos. Dann, erneut im Wald, ist dieser Spuk jedoch schon wieder vorbei. Erst ca. 200m vor dem Grünen Ups nimmt die Schneemenge etwas zu und als ich das Kreuz erblicke, frage ich mich, was diese automatische Messstation da eigentlich gemessen haben könnte. Was ist hier 60 cm hoch, tief oder gar lang? Ich verstehe es nicht.


Neun Uhr ist gerade durch. Ein wenig früh, um nach einer Tasse Tee schon wieder ins Tal abzusteigen. Ich schaue nach links zu dem breiten Rücken, der zur Upsspitze führt. Das sieht auch schon sehr aper aus. Immerhin ist da aber die kleine Hoffnung, dass sich der Schnee weiter oben meterhoch türmt und die Schneeschuhe doch noch ihren großen Auftritt haben werden. Die Bingozeit wird auf 12:00 Uhr festgelegt.


Steigeisen habe ich heute nicht dabei, nur snowchains (don't call it Grödel). Die Ketten muss ich bald anlegen. In versteckten Gräben liegt hartgefrorener Schnee, auf dem man elgant ausgleiten könnte. Das Gelände weist z.T. Steigungen von 35° auf. Nicht ganz einfach bei diesen Bedingungen. Wenigstens trägt der Schnee, meistens. In einer seichten Mulde breche ich bis über die Knie ein...


Da kommt mir in einer parallel verlaufenden Rinne schon ein erster Bergsteiger vom Gipfel entgegen. Ich sehe ihn. Er sieht mich nicht. Sein Abstieg auf der festen Schneedecke gleicht einem Spitzentanz. Da liegt man schnell mal auf dem Hosenboden und fährt dann immer schneller ins Tal ab...


Nach 1,3 Stunden Aufstiegsmühe fehlen mir nur noch fünf Minuten bis zum Gipel, als mich ein junger Bursche begrüßt. Wir verquasseln uns und eigentlich fehlt nur noch die Halbe zu einem richtig gutem Sonntagsstammtischgespräch. Ich schaue auf die Uhr und stelle mitten im Gespäch fest, dass in fünf Minuten meine Bingozeit abläuft. Gerade hatten wir es noch davon, dass man bei solchen Bedingungen wie heute möglichst vor Mittag umkehren sollte...

Wir verabschieden uns rasch und ich sprinte auf die Upsspitze. Die kenne ich vom Sommer, aber im Winter ist das noch einmal etwas ganz anderes. Den Ausblick merke ich mir und speichere zur Sicherheit etwas davon auf einer SD-Karte ab. Taumhaft und kalt. Ein Bergläufer sprintet auf Halbschuhen und in kurzen Hosen an mir vorbei. Was bin ich doch bloß für ein Weichei mit Schneeschuhen am Rucksack!


Es geht auf ein Uhr zu, als ich durch den immer weicheren Schnee fast bis zum Grünen Ups abgerutscht bin. Da kommen mir immer noch Leute entgegen, die jetzt noch zum Gipfel wollen, und dann sogar noch weiter bis zum Daniel. Zwei junge Frauen schauen mich entgeistert an, als ich ihnen von steigenden Temperaturen und möglicherweise instabilen Wechten erzähle. Mir wird bewusst, dass Wechte gar nicht so ein einfaches deutsches Wort ist. Ich versuche überhängenden Schnee mit Händen und Füßen zu erklären. Na, hätte ich es bloß mal mit meinem überhängenden Bauch erklärt...

Ich rate den beiden gut aufzupassen und füge dann noch hinzu: "Ich möchte morgen nichts von euch in der Zeitung lesen!"

"Ja wir auch nicht!" Herrlicher Sprachwitz.


Für den Abstieg von der Tuftalm nehme ich nicht den schnellen Weg durch den dunklen Wald. Die lange, helle Forststraße lädt zu einem sonnigen Spaziergang ein. Bei der ersten Gabelung überrascht mich dann jedoch fester Asphalt. War die Straße heute Morgen etwa auch schon geteert? Ich kann mich gar nicht erinnern. Das ist langweilig und geht in die Knochen. Völlig in Gedanken versunken trotte ich dahin und stoße auf der breiten Straße fast noch mit einem bergauf entgegenkommenden Bergsteiger zusammen. Das wäre ein verdammt unglaubwürdiger Unfallbericht geworden...


Ob das mit einer Tour auf Schneeschuhen überhaupt noch einmal etwas wird?


Zing • 2. März 2025