Eintagshochtour auf den Habicht
ein Tag mit vielen Höhenmetern
Die erste Hürde ist es, um 02:45 Uhr aus dem Bett aufzusteigen. Zähnegang und Toilettenputzen sind um diese Uhrzeit kaum voneinander zu unterscheiden. Kaffeekochen funktioniert auch nur, weil der Wasserkocher bereits fertiggeladen und entsichert ist. Von der fast dreistündigen Autofahrt weiß ich auch nichts mehr. Vielleicht war das ja schon ein Vorläufer des autonomen Fahrens?
Kurz vor sechs beginnt der Aufstieg auf den Berg am kostenlosen Parkplatz der Innsbrucker Hütte. Ca. 3 Stunden soll der dauern. Es ist noch frisch und das beflügelt die körpereigenen Kräfte enorm. Die Innsbruckerhütte ist nach ein wenig mehr als zwei Stunden erreicht.
Etwas oberhalb schnabuliere ich mein mitgebrachtes Frühstück und beobachte die Großgruppen und Mannschaftszüge, die zahlreich aus der alpinen Unterkunft strömen, um ebenfalls den Habicht ins Visier zu nehmen. Ich überdenke meine Strategie.
Bei solchem Andrang wird es oben auf dem Gipfel sicher eng werden. Wenn ich die Pause weiter ausdehne und dann in sehr gemächlichem Tempoaufsteige, dann könnte sich der Gipfel bereits wieder entleert haben, wenn ich ihn erreiche. Und Gegenverkehr ist erträglicher als eine Stehpause auf dem Habicht...
Nach einem langgestreckten Rücken geht es dann endlich zur Sache. Ein Drahtseil leitet über einen Blockhang nach oben. Mit ein wenig Herumtrödeln verschwinden die vorsteigenden Großgruppen dann auch bald aus Blickfeld. Nach einer kurzen, schuttigen Passage erreicht man dann eine Plattenflucht, die sich mit Hilfe eines weiteren Drahtseil leicht und oben etwas ausgesetzt überwinden lässt. Hier gibt es blöderweise den ersten Gegenverkehr. Der klügere gibt nach und ich weiche in das IIer-Gelände links vom Drahtseil aus.
Wieder geht es über Blockwerk weiter. Auf exakt 3000m trifft man auf einen Steinmann. Hier bemerke ich dann auch die eigene Kurzatmigkeit, wobei ich nicht einmal beschwören könnte, ob die bereits vor oder erst nach dem Blick auf den Höhenmesser eingetreten ist. Könnte sich also auch um eine psychosomatische, wenn nicht gar ein psychopathische Luftknappheit handeln!
Endlich ist das Schneefeld, ein Überbleibsel des zurückgezogenen Habichtferners, erreicht. Leider nimmt auch die Quellbewölkung zu und versperrt zeitweilig sogar den Blick auf den jetzt so nahen Gipfel. Passend zum Ambiente wird es kühler, angenehm kühl. Wo bleiben eigentlich die Menschenmassen, die mir jetzt entgegenkommen müssten? Ich beobachte, wie die letzten Mitglieder gerade erst den Gipfel erreichen. Ich liebe es nicht, wenn ein Plan nicht funktioniert...
Es folgen wieder Blockwerk, dann ein ausgesetztes und mit Drahtseil gesichertes Felsband und ganz zum Schluss eine kurze, steile Rinne. Dann ist der Gipfel des Habicht erreicht (ca. 2¾h ab I.-Ht.).
Ich schnippe eine verweste Bananenschale angeekelt vom Fels und verdecke ein halb angekautes Butterbrot mit einem Stein, um den letzten noch passablen Sitzplatz auf dem Habicht einzunehmen. Vierblättrige Drohnen schwirren um den Gipfel. Je größer der Unfug, desto lauter wird er gesprochen.
Der Blick auf den Alpenhauptkamm ist nur für wenige Minuten frei. Dann gewinnen die mächtigen Quellwolken die Oberhand. Es wird grau und kalt, und plötzlich stehe ich für den Bruchteil einer Sekunde alleine auf dem Habicht...
Der Abstieg erfolgt exakt auf dem Anstiegsweg. Zum mittleren Nachmittag berappelt sich das Wetter auch wieder und es wird wärmer, sehr warm sogar.
Vom Rest des Tages weiß ich nicht mehr viel. Ich muss wohl vor dem Wetterbericht der Tagesschau auf dem Sofa eingeschlafen sein und bin dann zum Wetterbericht der Tagesthemen noch einmal ins richtige Bett gegangen...
"Nadürlisch 'at er einen 'Abischt, ihr ... Engländör!"