Bergtour auf Gr. Riedelkarspitze, Breitgrieskarspitze und Gr. Seekarspitze

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Karwendel


Gr. Riedelkarspitze 2.585m, Breitgrieskarspitze 2.585m, Gr. Seekarspitze 2.677m, Kl. Seekarsp. 2.613m

-/-

Scharnitz


Wandern: T4+       Klettern UIAA: I        Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: -/-

2.400m/2.400m

41,0km


16h45m

Der Start in Scharnitz am Sonntag um zwanzig vor neun erfolgt etwas spät. Dafür konnte die vorhergehende Bahnfahrt auch gleichzeitig für ein Frühstück genutzt werden. Nach gut zwei Stunden sitze ich schon auf der Terrasse der Pleisenhütte und denke schon wieder ans Essen. Jede Kalorie, die ich hier zu mir nehme, und jedes Bier, das ich hier trinke, muss nicht im Rucksack auf den Berg geschleppt werden. Die ganze Zeit über rechne ich aus, wie man mit 3,5 Liter Süßwasser, das übrigens gar nicht süß schmeckt, zwei Tage in der trockensten Ecke des Karwendels übersteht.

Nach mehr als einer Stunde der Völlerei verlasse ich die Pleisenhütte und mache mich auf den Toni-Gaugg-Weg. Bequem führt der Steig in das Hinterkar. Man bermerkt gar nicht, wie die Zeit vergeht in dieser steinernen Ödnis. Im hintersten Hinterkar biege ich nach links von der markierten Route ab und schwinge mich über den Ostgrat auf die Gr. Riedlkarspitze empor. Seit der letzten Mahlzeit sind fast vier Stunden vergangen. Da war die eine oder andere Fotopause doch sehr extensiv. Die Gr. Riedlkarspitze verfügt über kein Gipfelkreuz, besitzt dafür jedoch ein fast schon antiquarisches Gipfelbuch, dass von Bergbegeisterten 1969 gestiftet wurde. Die letzte Begehung liegt schon fast einen Monat zurück, hier am versteckten Kleinod neben der Toni-Gaugg-Autobahn.

Zurück geht es ebenfalls über den Ostgrat der Gr. Riedlkarspitze. Ein Gamsbock zischt mich an, weil ich vermutlich gerade mitten durch seine Stube spaziere. Soll ich die Schuhe ausziehen?
Am Fuss der Breitgrieskarspitze erreiche ich auch schon das oft beschriebene, äußerst labile Drahtseil. 150 Meter rostiges Eisen an gerade einmal drei Fixpunkten. Zumindest ist der Weg klar vorgegeben und das super Schuttband schnell erreicht. Schon geht es über den Südgrat zur Breitgrieskarspitze empor. Oben erneut kein Kreuz aber immerhin eine Stange. Das Gipfelbuch befindet sich in einer augedienten Munitionskiste.
Auch wenn es bis hierher nicht so schwierig war, fühle ich mich trotzdem ein wenig mulmig. Der Gedanke daran, wie steil es hier in die Tiefe geht, und das in jede Richtung, hat einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf mein Bauchgefühl.

Nach dem Aufstieg ist also vor dem Abstieg. In der Schrofenflanke, die mich in das Breitgrieskar hinab führt, fühle ich mich fast schon pudelwohl. Einige Markierungen sind eher verwirrend als hilfreich. Zwei Punkte und dazwischen ein nach unten deutender Pfeil. Was soll das sein? Ein erschlafftes Phallussymbol etwa? Auf jeden Fall eine völlig ungünstige Andeutung. Nur ein paar Meter weiter und man kann fast erhobenen Hauptes und ohne viel Herumgefingere absteigen.

Jetzt ist es nicht mehr weit bis zur Box. Die habe ich heute für mich alleine. Klar, Sonntagabend bügeln die anderen ja auch schon wieder die Hemden für die Arbeitswoche. Ein paar alte Schneefelder sind eine willkommene Ergänzung der Süßwasservorräte. Bei Risotto aus der Tüte genieße ich den Sonnenuntergang.
Um die Sterne anzuschauen steht der Wecker auf 23:00 Uhr! Ah, Skorpion neben Milchstraße, Sommerdreieck ... hach ist es im Schlafsack schön warm ... zzzzz

Um Viertel nach sechs bin ich nach einem schnellen Kaffee und Nudeln zum Frühstück schon wieder auf dem Weg in den Seekarsattel. Von dort ist die Gr. Seekarspitze rasch erreicht. Lediglich ganz kurz vor Erreichen des riesigen Gipfelkreuzes muss man vom Schottermodus in den Klettermodus wechseln. Was für eine Aussicht! Was für ein herrlicher Morgen!

Beim Übergang auf die Kl. Seekarspitze erlebe ich auf einem fussbreiten Schotterstreifen noch einen für die frühe Stunde unerwarteten Nervenkitzel. Ansonsten ist dieser Gipfel im Schatten der großen Schwester durchaus einen Besuch wert. Wenn man schon mal in der Gegend ist.

Nach der Rückkehr zur Biwakschachtel noch schnell ein letzter Kaffee neben dem ausgemüffelten Schlafsack. Schon geht es durch das Neunerkar hinab. Leider ist das Kar schlecht präpariert und für Schuttboarding oder Geröllsurfing völlig ungegeignet. Der spätere Steig ins Karwendeltal ist dafür sehr ordentlich. Im Karwendeltal angelangt schalte ich das Gehirn ein wenig zu früh in den Marschmodus. Ich bleibe am Südufer und finde partout zwei Brücken nicht, die in der AV-Karte noch eingezeichnet sind. Also nochmal zurück und dann erst Hirn ausschalten. Der restliche Weg ist nur zu ertragen, weil es dann später Wiener Scharnitzel geben wird ...


Zing • 17. Juli 2017