Bergtour Civetta

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Dolomiten


Civetta 3.220m, Punta Civetta 2.980m

Ferrata Alleghesi, Rif. Torrani

Pecol, Rif. Sonino al Coldai


Wandern: T4          Klettern UIAA: I            Klettersteig: C          Schneeschuhe: -/-

1.410m / 1.410m

14,6km


10h30m

Wir fahren vom Staulanzapass hinab nach Pecol, um von dort zu unserem neuen Stützpunkt, der Rif. Coldai, aufzusteigen. Wir parken auf dem großen Parkplatz bei der Talstation einer Gondelbahn. Wir wollen gerade durchstarten, als wir uns von einem Zona-Abschlepp-irgendwas-Schild ins Boxhorn jagen lassen. Das Auto wird nochmals in die Ortsmitte verlegt. Jetzt geht es endlich richtig los und zwar recht steil. Nach ca. 30 Minuten stoßen wir auf einen breiten Fahrweg und folgen diesem zur Pioda-Alm. Wir beobachten die Landschaft und genießen die hübschen Italienerinnen, die sich etwas abseits zu uns setzen.
 
Es geht weiter bergauf. An einem Bachlauf fassen wir erstmals Wasser. Diese Stelle merken wir uns, falls es an der Hütte nichts gibt. Die Rifugio Sonino al Coladai ist bald erreicht, leider im Nebel (2:00h, 6,1km, ↑750m, T2). Nebenbei sei bemerkt, dass Palafavera der günstigere Ausgangspunkt gewesen wäre. Man könnte sich gut 200 Hm sparen und das Parken ist auch angstfreier zu gestalten.

 

Winteraumfakten Rif. Sonino al Coldai:


  9 Lager mit Kopfkissen und Decken,
  ein Tisch,
  zwei Hocker,
  kein Ofen,
  keine Toilette.
  kein elektrisches Licht
.
 


Wir richten uns im Keller ein. Der Nachmittag wird vertrödelt. Bei einem ersten Erkundungsgang ums Haus finden wir zunächst kein Wasser. Frank kann nicht an sich halten und steigt mit leeren Flaschen voller Elan wieder zum zuvor erwähnten Bach ab. Berni geht ums Haus und ich nutze Wolkenlücken zum Fotografieren. Plötzlich schallt es "Hier gibt's doch Wasser" durch die Stille des Nebels. Frank ist vor 45 Minuten losgedappt und wir hoffen, dass uns in den kommenden 45 Minuten einfällt, wie wir ihm das dann schonend beibringen. Aber da steht er bereits mit seinem schwerem Rucksack und stolz auf seinen nur einstündigen Ausflug. Also sagen wir es ihm kurz, und schmerzlos, und ohne Umschweife, und direkt...
Frank trägt es mit Fassung sowie die schweren Wasserflaschen.

 
Hinweise zur Wasserversorgung:

 
Wenige Meter in Richtung NW von der Rif. Coldai fällt ein roter Deckel im Boden auf. Verlängert
  man den Blick erkennt man ein Bassin aus Beton. Dort gibt es fließendes Wasser.

  Auch beim Zustieg von Pecol oder Palafavera zur Rif. Coldai kreuzt man bereits einen sehr ergiebigen Bach.

  Die von uns weiter begangene Südseite der Civetta ist dagegen sehr trocken.
 


Jetzt haben wir viel, ja nahezu unerschöpfliches Wasser. Meine Kameraden meinen, dass ich zu wenig trinken würde, und füllen mich bis zum Erreichen des Suppenkomas mit Flüssigkeit ab. "Menno, wennnisch dringe isch nisch gudd unwennichnich dringe iss ausch nisch gudd, hicks!"
 
Frank begeht an diesem Nachmittag noch einen kulinarischen Fauxpas. Er will uns Käsesoße als Käsesuppe verkaufen. Tja, das Kleingedruckte auf der Verpackung! Dort steht auch, dass man noch 50ml Sahne und einen Schneebesen benötigt. Beides hat unser Equipmentfetischist leider nicht dabei. Bei der Zuppa di Quattro Formaggi passen wir beiden anderen gerne ...
 
Ein neuer Tag und besseres Wetter. So wird das was mit der Civetta. Wir verfolgen zunächst in südlicher Richtung den Weg Nr. 557 und werden dabei von zwei Jägern mit Schießgewehr verfolgt. Die wollen allerdings nicht uns und biegen schon bald links ab ins Grün.
Wir dagegen erreichen bald einen ersten kurzen Klettersteig (A/B). Die dazu angebotene Facile-Variante merken wir für den Rückweg am Nachmittag vor.
 
Ich sitze hier und schaue fort vom Einstieg der Ferrata Alleghesi. Ich brauche jetzt Ruhe, um mich auf den bevorstehenden, fast 900m hohen Klettersteig einzustimmen. Ich halte mir die Ohren zu. Selbst die Späße der Kameraden sind mir jetzt zu viel.
 
Es geht los. Der Langsamste, also ich, geht vor. Über viele Bügel und eine Leiter geht es zunächst nach oben. Immer wieder quert man auf geräumigen Bändern weiter nach links. Bald steht man vor der schwierigsten Stelle des Klettersteig. Durch einen Kamin schrauben sich Bügel nach oben (C). Die Karabiner verheddern sich in den zu langen Schrauben der Muffen. Das nervt. Ein Blick auf den Höhenmesser verrät die gnadenlose Wahrheit. Nicht einmal die Hälfte haben wir bisher geschafft. Noch 500 Hm sind es bis zum Gipfel.
 
Über den ganzen Vormittag hinweg begleitet uns das Röhren eines Hirsches durch die Wand. Plötzlich bricht ein Schuss und dann ist es still. Der Nachfolgeplatzhirsch wird am späten Nachmittag die vakante Stelle übernehmen und das Tal mit seinem Ruf erfüllen...
 
Der Klettersteig will kein Ende nehmen. Oft ist das Drahtseil unterbrochen und man glaubt es endlich geschafft zu haben. Ab ca. 2.800 m behindern zudem Schnee und darunter Eis das Fortkommen. Steigeisen hat keiner dabei. Im AV-Wetterbericht stand ja eine dicke, gelbe Sonne, also warm...
Nach dem schier unendlich erscheinenden Wechselspiel aus Steilstufen, Bändern, mal Drahtseil und mal nicht Drahtseil erreichen wir dann endlich den Gipfel. Der blaue Himmel ist tief hängender Bewölkung gewichen. Es ist kalt. Lange halten wir uns nicht auf. Frank mahnt zum Abstieg, der aufgrund von Schnee und Eis noch einmal sehr heikel werden könnte. Recht hat er.
Nach kurzweiligem Abwärtseiern können wir uns in der Rifugio Torrani aufwärmen. 

 
Winteraumfakten Rif. Torrani:

 
mehr als 12 Lager mit Kopfkissen und Decken,
  zwei Tische mit Bänken
  kein Ofen,
  auf einer Tür zum Nachbarraum steht WC (wir haben uns nicht getraut nachzuschauen).
  kein elektrisches Licht.
  Besonderheiten: Der Winterraum ist mit einem alten Wählscheibentelefon (möglicherweise funktioniert es) ausgestattet und wird von einem ausgestopften

  Kauz geschmückt. Für Heimwerker (neudeutsch Maker) gibt es im Außenbereich einen Schraubstock.
 
  Kein Wasser (außer Schnee)!

 

Meine kranke, ursprüngliche Idee war es übrigens, das gesamte Biwakgepäck über den Alleghesi hierher zur Rif. Torrani zu schleppen, um dann hier die Nacht zu verbringen. Ich bin froh, dass wir heute noch zur Rif. Coldai zurück dürfen. Das ist übrigens kein Spaziergang. Auch der Normalweg zur Civetta verfügt über mehrere Klettersteigabschnitte (bis B). Ich mag bald keine Drahtseile mehr sehen...
 
Endlich wieder Schutt und Geröll. Einfach nur gehen. Über die Nr. 557 geht es zurück zur Rif. Coldai. Die Facile-Variante zum kurzen Klettersteigabschnitt (s.o.) ist übrigens scheiße. Mag sein, dass das leichter ist, aber man verliert in unangenehm bröseligem Gelände reichliche Höhenmeter, die man dann wieder hinauf muss. Leichter heißt eben nicht einfacher...
 
Unseren Winterraum haben wir nicht mehr für uns alleine. Ein Pärchen aus Rumänien muss uns ertragen. Es gibt übrigens Menschen, die ein Notebook auf den Berg schleppen, um sich dann Zeichentrickfilme anzuschauen...
Wir versuchen so wenig wie möglich zu stören. Mitten in der Nacht stehen wir deshalb gemeinsam zum unausweichlichen Toilettengang auf. Was unsere Beobachter wohl jetzt von uns denken?
 
Der letzte Morgen überrascht mit einem eindrucksvollen Farbenspiel am Himmel: Morgenrot - Schlechtwetter droht! Egal, der Urlaub ist ja leider auch schon zu Ende.

   
Hinweise zur Ausrüstung:

 
Klettersteigset, Gurt und Helm gehören in den Rucksack und sollten dann auch benutzt werden. Bei Schnee und Eis sind Grödel oder Leichtsteigeisen hilfreich.
 

 
Hinweise zu den angegebenen Gehzeiten und Höhenmetern:

  Die Angaben des Berichtskopfes beziehen sich lediglich auf den Weg ab der Rif. Coldai bzw. dorthin zurück.
  Die Zeitangabe beschreibt die Gesamtdauer. Für den Aufstieg muss man ca. 5 -6 Stunden veranschlagen.



Zing • 5. Oktober 2019