Ausnahmsweise Bergwandern in Farbe

Nicht nachmachen!

Wenn man den Kopf frei bekommen möchte, dann hilft Wandern, also so richtig einfaches und banales Wandern. Während schwere Bergtouren ausschließlich zur Verdrängung gereichen, sind es hingegen die leichten Bergspaziergänge, die die Erinnerungen an einen guten Freund wieder lebendig werden lassen. Also brechen wir zu zweit zu einer ausgedehnten Wanderung in den Kitzbüheler Alpen auf und suchen den Geist des Dritten, der heute nicht dabei sein kann, weil er jetzt überall ist…

geografische Einordnung:


erreichte Gipfel:

weitere Wegepunkte:

Talort(e):


Schwierigkeiten:

Höhendifferenz Aufstieg/Abstieg:

Distanz:


Zeitbedarf inkl. Pausen:

Kitzbüheler Alpen


Steinbergstein 2.215m,  Ramkarkopf 2.062m, Wiesboden 1.947m, Lodron 1.925m

Lagfeldenalm, Oberkaralm, Lärchenbergalm

Hinterwindautal


Wandern: T2       Klettern UIAA: -/-       Klettersteig: -/-         Schneeschuhe: -/-

1.350m / 1.350m

21,2km


1d

Die Forststraße zu Beginn der Wanderung ist zu einfach. Sie ist so einfach, das es fast schon nervt. Und wenn man nicht ausreichend gefordert wird dann biegt man auch mal falsch ab (siehe GPS-Track).
Irgendwie sind wir dann auch froh, dass wir ab der Lagfeldenalm, wo wir die Wasserflaschen auffüllen, endlich etwas mehr gefordert werden. Ich werde sogar überfordert. Der Rucksack ist voller Wasser und ich bekomme Krämpfe im Oberschenkel…

Und doch, es geht leicht dahin. Der jetzt kaum sichtbare Weg schlängelt sich angenehm höher. Die Wortwechsel und –gefechte werden seltener, da wir die Luft für den Gipfelsturm benötigen.

Als wir den Gipfel erreichen ist es nicht mehr lang hin, bis zu einem farbenprächtigen Sonnenuntergang. Ich breche deshalb mit meinem selbstgewählten Schwarzweißfotografie-Gelübde und stelle die Regler auf Farbe. Später, so schwöre ich beim heiligen Kodak, werde ich dafür zehn ‚Ilford unser‘ beten und mich mit dem Kameratrageriemen einen Tag lang auf dem nackten Rücken geißeln…

Die Farbwechsel zwischen heute Abend und dem kommenden Morgen werden uns das Wasser in die Augen treiben oder sind es doch die Gedanken an den verlorenen Freund?

Bei weniger als einer Stunde Schlaf kann man eigentlich nicht von Übernachtung sprechen, oder? Die
Milchstraße scheint so hell, dass man im Schlafsack noch die Sonnenbrille aufsetzen müsste, damit der Organismus wenigstens etwas Melatonin bilden könnte. Nach etlichen Sternschnuppen, die ich meinem persönlichen Glück und Reichtum widme, sind sogar noch zwei Schnuppen übrig: eine für billigeres Benzin und eine für Frieden in der Ukraine.
Dann noch ein schnallheller Iridium-Flare! Da kann man sich aber, glaube ich zumindest, nichts für wünschen…

Der Morgenhimmel überrascht mit Wolken und vereinzelten Regenschauern. Für einen kurzen Moment können wir das Wasser in den Augen sogar auf die ganz wenigen Regenspritzer schieben. Das ist eigentlich kaum der Rede wert. Einzig störend ist, dass jetzt, es ist noch nicht einmal sechs Uhr, schon so viele Leute in unserem „Frühstückszimmer“ umanandschpumpanadln.
Ist heute etwa Sonntag? Ja. Ach so…

Wir wandern auf einem anderen Weg einfach zurück ins Tal. Neben so mancher Banalität am Wegesrand, versprechen wir uns, dass wir das jetzt jedes Jahr einmal machen.

Was denn?

Wandern, einfach nur wandern!

Noch ein wichtiger Hinweis: Auch wenn es nur eine einfache Wanderung ist, die hier in einem persönlichen Tourenbericht beschrieben wird, ist diese keineswegs zur Nachahmung geeignet.
Ihr könnt das „mit dem Müll nach Hause tragen“ nämlich nicht, ihr seid einfach zu laut, bringt der Natur nicht den gebührenden Respekt entgegen, rutscht am Ende auf einem Kuhfladen aus und verklagt dafür die Kuh…

Bleibt daheim, dann passiert auch nichts!


n.b.

Die Serie "Nicht nachmachen" enstand im Sommer 2022, als eine 100 Schüler starke Gruppe vom Berg gerettet werden musste, weil das Lehrpersonal einen hikr-Tourenbericht nicht korrekt interpretieren konnte. Irgend so ein selbsternannter wichtiger Hikr hat sich dann auch noch an meiner Satire "Nicht nachmachen"  gestört und deshalb schreibe ich jetzt mein eigenes Tagebuch, in dem außer mir niemand etwas kommentieren kann...


Zing • 2. Juli 2022