Das eingebildete Bild

Am nächsten Tag ist alles anders

Manchmal muss man auch über das Scheitern oder misslungene Projekte schreiben. Das macht zwar längst nicht so viel Spaß, aber vielleicht lerne ich etwas daraus. Was soll's schon!?

Also, gestern nach dem Bouldern mit den Kollegen hatte ich 20 Minuten Aufenthalt am Bahnhof Dachau. Es war eine klare Nacht mit tiefschwarzem Himmel, der jedes Licht verschluckt. Ein Oberleitungsmast wird diffus von einer Natriumdampflampe angestrahlt. Die Konturen werden weich gezeichnet und die Oberflächen schimmern matt. Der Mast erscheint wie eine Figur, die mit langen Armen in die Dunkelheit hinauslangt. Und ich habe keinen Fotoapparat dabei!

Heute, nach dem Bowling mit den Kollegen - wir machen irgendwie immer Sachen mit 'B' am Anfang: Bouldern, Bowling, Besaufen ... - plane ich mit voller Absicht einen erneuten Zwischenstopp am Bahnhof Dachau ein. Als ich dort eintreffe, spritz mir der Regen ins Gesicht ...

Kamera:

Objektiv(e):


Filmsimulation:

Film:


sonstige Ausrüstung:

FUJIFILM X100V

23mm f/2.0


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KODACHROME @ 3600K


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Ich bin nicht wasserscheu. Der Regen aber modelliert mein am Vortag eingebildetes Bild völlig anders. Die Oberflächen glänzen und heben sich scharf vom matschigen Schwarz des Hintergrundes ab. Der Regen hat die Stimmung zunichte gemacht.


Das ausgewählte JPEG-Rezept KODACHROME ist zwar hinsichtlich des Weißabgleichs von 5900K auf eine Farbtemperatur von 3600K hin angepasst worden. Dennoch versagt die Farbwiedergabe unter dem Licht der Natriumdampflampen völlig. Dieses JPEG-Rezept ist auch viel zu kontrastreich, um weiche Übergänge zu modellieren. Aber nicht das JPEG-Rezept ist verantwortlich für die schlechten Bilder, sondern der Fotograf, dem es nicht gelungen ist auf die Schnelle auf ein geeigneteres JPEG-Rezept umzustellen. PORTRA AWB oder FUJI SUPER HG wären immerhin Versuche wert gewesen.


Hätte ich da doch nur die Kamera einfach in die Tasche gesteckt und auf die Bahn gewartet. Weil es regnet, muss ein klares Filter vor das Objektiv der X100V geschraubt werden, um die Wetterfestigkeit zu gewährleisten. Bei voll geöffneter Blende 2.0 und einer simplen Glasscheibe sind jedoch lens flares unvermeidbar. Der Effekt kann machmal auch künstlerisch verwertet werden. Mir gelingt auch das heute nicht.


Zuletzt knipse ich nur noch dumm herum, ohne auch nur die geringsten Regeln von Bildaufbau und Komposition überhaupt in Erwägung zu ziehen. Diese seelenlosen Fotografien sind eigentlich keine Veröffentlichung wert. Und trotzdem zeige ich die Bilder hier, damit aller Mist wenigstens noch als schlechtes Beispiel dienen kann...

Zing • 7. Februar 2024