Bergtour Grabenkarspitze
Wenn's mal wieder länger dauert ...
Um null-sechshundert starte ich vom Wanderparkplatz auf die öde Forststraße. Nur gut, dass mich andere Gedanken von dieser stumpfen Latscherei ablenken. Ein Kleintransporter rauscht vorbei. Könnten die mich nicht mitnehmen? Fünf Kehren später treffe ich sie wieder. Drei Vorarbeiter beobachten, wie ein der Deutschen Sprache nicht mächtiger mit der rostigen Kettensäge einem Stamm zu Leibe rückt. Und wenn man einen Keil in den Spalt schlagen muss, dann legt man die laufende Kettensäge einfach auf dem Waldboden ab ... hoffentlich trägt er wenigstens eine rumänische Sicherheitsjeans! Genug aufgeregt.
Nach 2,75 h erreiche ich bereits den Hochalmsattel. Bis zum Karwendelhaus wären es nur noch 10 Minuten. Ich mache jedoch lieber hier eine Kaffeepause ohne Kaffee, schaue dem beginnenden Almabtrieb zu und versuche mir gedanklich einen Weg durch die Latschengassen zum Fuß der Grabenkarspitze zu schlagen.
Eine Stunde kämpfe ich mich durch die Krüppelkiefern, kehre in etlichen Latschensackgassen wieder um und bin heilfroh als ich mich endlich auf eine offene Wiesenfläche plumpsen lassen kann. Nochmal Pause ohne Kaffee...
Die plattige Südflanke der Grabenkarspitze ist endlich leichter zu überwinden. Immerhin kann man überschauen, wo man entlang klettern (I+) muss. Etwa 100 m unter dem Gipfel gehen die schönen Kalkplatten jedoch in lästige Schrofen über. Gut, dass das nach etwas weniger als einer viertel Stunde auch überwunden ist. Dann stehe ich vor dem breiten Steinmann (eher so ein Steinobelix bzw. Michelinmännchen für Kalkalpen) auf dem Gipfel.
Nur drüben am Lackenkarkopf ist noch einer. Ich winke ihm zu. Ob der mich überhaupt gesehen hat?
Schön hier. Prima Aussicht. Sogar genug Platz für ein Biwak wäre vorhanden. Mann müsste nur drei Liter Wasser hierher schleppen...
Es ist leider schon wieder an der Zeit für den Abstieg. Ich suche mir dafür den steilen Ostgrat aus. Der ist im Abstieg gar nicht so leicht. Wenn man gebührenden Abstand zu den steilen Nordabbrüchen halten möchte, findet man sich in bröseligen Schrofen wieder. Direkt an der Kante ist der Fels hingegen sehr fest und gut zu klettern. Dafür muss man aber auch den Blick über 500m Nordwand in die Tiefen des Tortals aushalten können. Na ja, meine Psyche war schon immer stabiler als meine Trittsicherheit...
Ganz zuletzt muss man noch eine glatte, griffarme Platte (II-) nach rechts überqueren bevor man endlich wieder die Matten des Lackenkars betreten kann. Von oben findet sich dann der Weg durch die Hauptlatschengasse viel leichter und ich betrete etwas unterhalb des Hochalmsattels wieder festen Boden.
Als ich nach ein paar Fotos den Kleinen Ahornboden verlasse, verlässt auch die Sonne das Karwendel. Plötzlich hüllen dichte Wolken die umliegenden Gipfel ein und es wird dunkel. Noch sind es ca. 8 km bis zum Parkplatz. Ich muss schneller laufen, als ich eigentlich möchte. Als ich noch einen Blick in Klamm werfe, vernehme ich Donnergrollen. Als ich nach fast 11 Stunden Bergtour auf die Straße nach Hinterriss einbiege, fallen erste, dicke Regentropfen auf die Windschutzscheibe...
Schöne Tour, schöner Gipfel, nur a bisserl anstrengend!