Test - TTArtisan APS-C 25mm F2.0

Low-Budget-Champion oder Chinascherbe?

 Schon etwas länger bin ich auf der Suche nach einem kleinen Reportageobjektiv, bei dem die Trauer nicht zu groß wäre, falls es bei einer Klettertour zu Bruch gehen sollte. Die wertvollen 27mm-Exemplare von FUJIFILM oder VOIGTLÄNDER scheiden diesbezüglich schon mal aus. Das begehrenswerte 27mm f/1.2 von VILTROX ist deutlich zu groß und zu schwer.

Der chinesische Hersteller TTArtisan hat jedoch ein paar beachtenswerte Objektive im Programm. Da ist z.B. das 27mm f/2.8 AF-Objektiv, das jedoch immer noch 200,- EURO kostet und damit zu teuer ist, um den Bergtod zu sterben.
Und dann ist da noch deas 25mm f/2.0. Nur für APS-C geeignet.  Nur manueller Fokus. Kostet nur 75,- EURO (inkl. Versand). Ob das geeignet ist?

Kamera:

Objektiv(e):


Filmsimulation:

Film:


sonstige Ausrüstung:

FUJIFILM X-E3

TTArtisan 25mm f/2.0


ACROS, PORTRA AWB

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Der erste Eindruck


Die Hemmungen beim Druck auf den Jetzt-kaufen-Button war jedenfalls nicht sehr hoch. Wenige Tage später halte ich das Paket bereits in den Händen.

Das Objektiv ist überraschend klein. Mit weniger als drei Zentimeter Höhe ist das TTArtisan 25mm definitiv das kleinste Objektiv in meiner Sammlung von Objektiven für das FUJI-X-System.


Als ich das 25er dann zum ersten Mal in die Hand nehme, ist die Überraschung jedoch groß, und vor allem schwer. Das Ding wiegt  160g! Damit ist es schwerer als so manches von FUJIs "kleinen" F2-Originalen. Der Rückdeckel ist das einzige Teil aus Plastik. Der ganze Rest einschließlich des Objektivdeckels besteht entweder aus Glas oder aus Metall.

Der Fokusring läuft leicht und ist gut kontrollierbar. Der Blendenring lässt sich oberhalb von 2.8 nurmehr auf volle Blendenwerte einrasten, die 11 hat man völlig ausgelassen.


Den Objektivdeckel muss man abschrauben. Für viele Youtuber ist natürlich praktisch, weil es sonst nicht viel zu beanstanden gäbe an diesem kleinen und preisgünstigen Objektiv. Mir ist der Objektivdeckel relativ egal, weil er meist Zuhause oder zumindest im Auto liegen bleibt. Schneller als ein einfach abzunehmender Deckel ist eben nur noch gar kein Deckel!


Ich nehme den Rückdeckel ab. Das Bajonett ist ebenfalls aus Metall. Dichtungen jeglicher Art sucht man jedoch vergebens.  Im absoluten Notfall kann und muss man sich also mit einem Gummiband behelfen, das bei aufgesetztem Objektiv nahe am Kameraanschluss über das Objektiv stülpt.

Auf den zweiten Blick


Die ersten Fotos entstehen wie immer in der Küche. Sogar bei Offenblende sind die Bilder in der Mitte schärfer als so manche, vielgerühmte Vintage-Linse. MINOLTAs hochgelobtes MD 28mm der zweiten Generation ist erst ab 4.0 brauchbar. TTARTISANs 25mm zeigt jedoch im zuverlässigen Küchenzeilentest auch die zu erwartenden Schwächen eines 75,- EURO Objektivs. Bei Offenblende kann man die Vignettierung nicht leugnen. In den Ecken ist das Bild nur noch Matsch.


Die Vignettierung ist ab Blende 2.8 bereits deutlich rduziert. Ab Blende 5.6 holt dann auch die Schärfe in den Außenbereichen des Bildes deutlich auf. Bei Blende 8 könnte man sich kaum noch beklagen, wenn da nicht die äußersten Ecken wären, die niemals besser werden und sich auch durch intensive Nachbearbeitung niemals nicht retten lassen.

Bei Blende 16 tritt Beugungsunschärfe ein. Schade dass man Blende 11 nicht einstellen kann.


Am 1. Weihnachtstag lässt einen das Wetter endlich wieder vor die Tür. Es wird Zeit für einen Praxistest...

Der Praxistest


Zusammen mit der X-E3 ergibt das 25er eine kompakte Gesamtlösung, die man gerne mit auf einen kurzen Spaziergang vor die Tür nimmt. Was aber sofort auffällt ist das vergleichsweise hohe Gewicht des Objektivs, das die gesamte Anordnung etwas frontlastig werden lässt.

Das manuelle Fokussieren ist dagegen unter Zuhilfenahme des focus-peaking recht einfach, ja fast zu einfach. In der Praxis neigt nämlich der leichtgängige Fokusring dazu, die vorgewählte Einstellung zu verlieren. Da die Unendlicheinstellung zudem noch etwas daneben liegt, kann man also nicht einfach bei vorgewählter Blende 8 ohne vorherige Fokuskontrolle abdrücken. Vielleicht werde ich das mal korrigieren. Es sind ja nur drei kleine Schrauben...

Farbe ist mit dem 25er so eine Sache. Zwar gibt es nur in ganz extremen Situationen violette Farbsäume, aber insgesamt ist die Farbwiedergabe irgendwie nicht ganz stimmig. Vielleicht war heute aber auch nur das Licht nicht ganz optimal. 

Gegenlicht verträgt das TTARTISAN 25mm F2.0 jedoch gar nicht gut. Selbst ein heller, wolkenbedeckter Himmel genügt bereits, um die Kontrastleistung sichtbar zu mindern. Kommt die Sonne direkt von vorne, dann gibt es bunte Flares. Die sind jedoch nicht schön genug, damit sie als Charakterelement eingesetzt werden können.


Ich steige auf Schwarzweiß um. Das ist das Metier dieses kleinen Objektivs. Solange man direktes oder streifendes Licht von der Frontlinse fernhält, erhält man kontrast- und detailreiche Fotografien, und das für nur 75,- EURO.

Zusammenfassung


Das TTARTISAN 25mm F2.0 ist sicher kein Fehlkauf. Wenn es gelingt um die offensichtlichen Schwächen bei Gegenlicht und in den äußersten Bildecken herumzuarbeiten, dann hat man eine neuwertige Alternative zu so manchem teuren Objektiv der namhaften Hersteller oder einer viel zu wertvollen Vintage-Linse gefunden.

Die Kleinbildäquivalentbrennweite von 37,5 mm am APS-C-Sensor ist hervorragend für die Reportagearbeit oder auf Reisen geeignet. Die Idee eines "Kletterobjektivs" werde ich damit jedenfalls weiterverfolgen, zumindest nachdem die Unendlicheinstellung korrigiert wurde (nur drei kleine Schrauben!).


Auch wenn das 25er nicht viel gekostet hat, so wäre es jetzt doch schade, wenn es beim Klettern zu Bruch gehen sollte. Ich glaube jedoch eher, dass ich zuerst meine enge emotionale Bindung zu Fotoausrüstung oder sonstigen optischen Instrumenten infrage stellen sollte ...

Zing • 25. Dezember 2023