Blackout

Der Flyer im Briefkasten

Ich fische die üblichen Werbeprospekte und Wochenzeitungen aus dem Briefkasten. Normalerweise ist das schnell sortiert bzw. aussortiert. Die meisten Papiere schaffen es nicht einmal ins Haus. Da aber fällt mir ein Flyer auf. "Langfristiger Stromausfall im Landkreis Dachau"  Wie? was? Jetzt sofort? Was zunächst mehr wie eine Feststellung erscheint, entpuppt sich als Informationsbroschüre des Landkreises. Mein Interesse ist geweckt. Ich werde zum besorgten Bürger...

Bin ich vorbereitet? Warum werde ich informiert? Wissen die etwa schon mehr, vielleicht die genauen Termine eines Blackouts?


Zunächst einmal der Hinweis, dass es sich um einen Blackout handelt, wenn Strom, Infrastruktur und Versorgung überregional für mehr als 12 Stunden ausfallen. 12 Stunden ohne Handy klingt nach digitalem Detox und auch gar nicht so schlimm. Für die meisten Eventualitäten bin ich ja durchaus gewappnet, allein durch die Bergausrüstung. Wenn es kalt wird (auch die Ölheizung benötigt Strom), wohne ich in Schlaf- und Biwaksack. Mit dem Spirituskocher kann man Kaffee kochen und auch ne Dose aufwärmen. Wasser kann man zuvor in den Trinkflaschen bunkern. Sofern die medizinische Versorgung beeinträchtigt ist, hat man ja noch die Rucksackapotheke. Zur Not ließen sich damit und mit einem Taschenmesser auch einfache Notoperationen durchführen. Selbst Radio hören wäre noch möglich. Dazu muss man dann mal kurz ins Auto hupfen. Es wäre natürlich sehr schön beim Radiohören im Auto gute Gesellschaft zu haben.


Jetzt aber kommen die Probleme, auf die ich noch nicht vorbereitet war. Die Klospülung funktioniert bei einem Blackout auch nur einmal (Spülkasten) oder gar nicht mehr (Druckspüler). Ein 10-Liter-Eimer Wasser ist sinnvoll und wenn der leer ist, dann muss ich mit der Lawinenschaufel in den Garten...

Auf der vorletzten Seite des Flyers steht die Liste mit den Notvorräten. Müllbeutel! Ah! So wie Fiffis Kacka in die Tüte kommt, so soll auch Herrchens bzw. Herrinn*chens Häufchen in die Tüte. Ich muss mal kurz mit dem Wackeldackel Gassi gehen und Müllbeutel ausleihen...


Das der Kühlschrank bei einem Blackout seinen Dienst versagt, ist schon schwieriger zu bewältigen. Wenn es aufgrund des Klimawandels zu warm ist, dann hilft die Auslagerung der Milch auf den Balkon recht wenig. Aber vielleicht kann man ein wenig mit Kühlbox und Kühlelementen im Keller überbrücken.


"EINKAUF IST UNSICHER" steht da. Die meine bestimmt nicht online shopping mit Alexa. Internet geht ja beim Blackout nicht. Aber es stimmt schon. Wenn die hungrigen Mäuler den Supermarkt leer gekauft haben, dann haperts am Nachschub, den unterbrochenen Kühlketten. Da wird dann ganz viel Milch den Bach runter gehen.


"KEIN ELEKTRONISCHER GELDVERKEHR" - Tipp dazu: Haben Sie Bargeld im Haus!

Das ist ohnehin praktisch, weil Sie damit Verwandte, die aufgrund der ausgefallenen Alarmanlage von marodierenden Reichsbürgern gekidnappt wurden, dann freikaufen können.


Die Anlaufstellen im Notfall nennt man Leuchtturm. Mein zuständiger Leuchtturm steht im Rathaus. Aber wieso der jetzt bei einem Blackout noch leuchten kann, ist mir schleierhaft.

Die Leuchttürme sollen im Falle eines Blackouts die Selbstorganisation unterstützen. Bleibt zu hoffen, dass Selbstorganisation nicht die Planung des Überfalls in der Nachbargemeinde bedeutet. 


Mehr Angst als ein Blackout machen mir persönlich die anderen Menschen während eines Blackouts. Ich glaube ich gehe dann in den Wald und warte warte ab, bis der ganze Spuk vorüber ist.


Von der letzten Seite kann man per Scancode zu weiteren Informationen im Internet gelangen. Hoffentlich wissen die Leute auch, dass man das tun sollte, bevor der Blackout kommt. Kommt denn der Blackout? Hmm, ich weiß es nicht. Meine Fach- und Sachkenntnis reicht jedoch weit genug, um sagen zu können, dass es im kommenden Winter 2022/23 nicht mehr so unwahrscheinlich ist wie in den 50 Jahren zuvor.


Was kann jeder einzelne tun? Handy aus, Computer aus. Schon mal ein Buch bei Kerzenschein gelesen?

Zing • 18. Dezember 2022