Asimovs Nightfall und das Olberssche Paradoxon

Von Sience Fiction zu Sience

In Asimovs Kurzgeschichte Nightfall (dt. Einbruch der Nacht, 1941) befindet sich der Planet Lagash in einem System mit insgesamt sechs Sonnen. Auf Lagash wird es niemals dunkel und so glauben dessen Bewohner, dass das gesamte Universum aus eben diesen sechs Sternen besteht. Etwa alle 2.500 Jahre zieht ein weiterer Planet durch das Lagash-System, bedeckt einen der Sterne, während die anderen Sterne unter dem Horizont stehen. Die Nacht fällt über Lagash und seine Bewohner.

Lagashs Archäologen finden heraus, dass alle 2.500 Jahre eine Kultur völlig zerstört wird und ausstirbt, zumindest belegen das die Ausgrabungen von insgesamt sieben Städten, die auf den Trümmern der jeweils vorhergehenden errichtet worden sind. Schnell ist eine Verbindung zwischen dem Kulturzyklus und dem oben beschriebenen Sonnenfinsterniszyklus hergestellt. Lagashs Psychologen behaupten nun, dass die Menschen die Dunkelheit nicht ertragen, deshalb dem Wahnsinn anheimfallen und letzten Endes alles immer wieder zerstören werden.
Der Tag der großen Finsternis naht und als es soweit ist, blicken die Menschen anstatt in die Dunkelheit auf dreißigtausend gleißend helle Sterne und sie sinken vor Ehrfurcht auf die Knie. Im Hintergrund brennt Lagash lichterloh, entzündet von religiösen Fanatikern…

Abgesehen von der Tatsache, dass eine stabile Bahn des Planeten Lagash durch die habitable Zone eines Sechsfachsternsystems sehr weit hergeholt erscheint, widme ich mich hier einem anderen Aspekt dieser SciFi-Kurzgeschichte: 30.000 Sterne?!

Wie viele Sterne kann man denn am Nachthimmel der Erde mit bloßem Auge erkennen?
Nun, das hängt  u.a. von der Lichtverschmutzung ab. In einer Großstadt werden das nur sehr wenige Sterne sein. Unter einem dunklen Landhimmel sind jedoch bis zu 3.000 Sterne mit bloßen Augen zu sehen. Das klingt bereits beachtlich, ist aber gar nichts gegen die 30.000 Sterne, die die Bewohner von Lagash plötzlich bestaunen können. Vielleicht befindet sich das Lagash-System näher am Zentrum der Galaxis als unser Planet Erde? Egal, eigentlich müsste doch der gesamte Himmel voller Sterne stehen, oder?

Wenn das Weltall unendlich groß ist und seit unendlich langer Zeit besteht, dann müsste doch „in jeder Ecke“ des Himmelsgewölbes ein Stern stehen. Die Sterne würden sich sogar gegenseitig überdecken, so dass man sie gar nicht mehr als Einzelsterne wahrnehmen könnte. Der gesamte Nachthimmel wäre mit Sternen übersäht und müsste fast noch heller leuchten als die Sonne bei Tage. Ist aber nicht so. Dieser Widerspruch wurde erstmals 1823 von dem Bremer Amateurastronomen Wilhelm Olbers beschrieben. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Olbersschen Paradoxon.

Olbers selbst hat einen Vorschlag zur Auflösung dieses Widerspruchs unterbreitet: Das interstellare Medium – so’n Zeugs zwischen den Sternen – würde das Licht dämpfen bzw. absorbieren. Nette Idee, aber leider völlig falsch. Wenn ein wie auch immer geartetes interstellares Medium das Licht von unendlich vielen Sternen absorbieren würde, dann müsste sich das interstellare Medium sehr stark aufheizen, ja sogar zu glühen beginnen. Können wir das beobachten? Nein!

Die heute anerkannte wissenschaftliche Auflösung des Olbersschen Paradoxons ist viel einfacher. Das Universum existiert nicht seit unendlich langer Zeit, sondern „nur“ seit 13,8 Mrd. Jahren. Deshalb hat uns bis heute das Licht aller Sterne eines räumlich unendlich ausgedehnten Universums noch gar nicht erreichen können. Diese Deutung geht also von einem unendlich großen Universum aus, das seit endlicher Zeit – seit dem Urknall – existiert.

In einem nächsten Beitrag könnte ich mal über die Unendlichkeit zloggen…
Zing • 17. Januar 2023